Dresden - Es ist vermutlich die Stadtratsanfrage mit den meisten Fragen weltweit: Pirat Martin Schulte-Wissermann (50) hat 108.884 eng bedruckte Fragen an die Stadtspitze eingereicht.
Selbst wenn ein Rathaus-Mitarbeiter im Akkord alle vier Minuten eine der Ja/Nein-Fragen anpackt, würden mehr als vier Jahre bis zu einer Antwort vergehen. Der Hintergrund der Mammut-Anfrage ist ein ernster.
2224 Seiten, pro Seite etwa 50 Fragen, jede einzelne davon muss mit Ja oder Nein beantwortet werden: Pirat Martin Schulte-Wissermann will so das Rathaus zum Schwitzen bringen - oder zu einer einfachen Antwort "ermuntern".
Der Hintergrund: Seit Jahren sperrt sich die Verwaltung beharrlich, eine Liste der kommunalen Grundstücke an den Stadtrat herauszugeben. "Doch exakt das brauche ich, wenn ich verantwortungsvolle Stadtentwicklungspolitik betreiben will", sagt der promovierte Physiker.
Immer wieder kämen Bürger mit Anfragen, wo zum Beispiel ein Stadtgarten entstehen oder eine Kunstinstallation aufgebaut werden könne. "Die Information, wo es in Dresden kommunale Grundstücke gibt, gehört eigentlich in den Themenstadtplan", so der Pirat.
Doch das Rathaus sitzt auf diesem Herrschaftswissen, will keine Begehrlichkeiten wecken und verweist bei Fragen nach kommunalen Grundstücken auf das zuständige Amtsgericht. Auf der anderen Seite wurde zuletzt die konkrete Frage eines Rates, ob einzelne Grundstücke kommunal sind, beantwortet.
Schulte-Wissermann leitet daraus das Recht ab, auf Tausende konkrete Fragen nach einzelnen Grundstücken auch Tausende Antworten zu bekommen. Mithilfe der Hochschulpiraten ließ der Stadtrat daher alle Flurstücke der Stadt erfassen und in eine Ratsanfrage packen.
Riesige Fragenliste wurde der Umwelt zuliebe per E-Mail eingereicht
"Die Flurstücke sind offene Daten, sie sind im Open Data Portal der Stadt verfügbar", so Hochschulpirat Tilman Haupt (23). Die Daten mussten "nur" noch geordnet und in Form gebracht werden, und schon stand die längste Anfrage der Geschichte.
Eingereicht wurde sie übrigens per E-Mail. "Ausdrucken würde ich das nie", so der Pirat, der sich auch für Fridays For Future engagiert.