Angeblich echte Nazi-Dokumente sind einfach schlechte Fälschungen!

Dresden - Was für ein Krimi!

Die Stauffenberg-Ausstellung lockte vor zwei Jahren fast 30.000 Besucher an.  © Sebastian Kahnert/dpa

Vor zwei Jahren war die Sonderausstellung "Der Führer Adolf Hitler ist tot" das Highlight des Militärhistorischen Museums Dresden (MHM): Fast 30.000 Besucher zählte die Schau über Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg (†36). Zu sehen gab es auch Original-Schriften Stauffenbergs. Doch davon waren nicht alle echt...

Offenbar hatten Ausstellungs-Kurator Magnus Pahl (45) und MHM-Direktor Armin Wagner (53) schon vor der Eröffnung ein seltsames Gefühl: "Diese Anrede war 1943 nur unter Mitgliedern der NSDAP üblich. Stauffenberg gehörte keiner Partei an", schrieben die beiden zu einem vermeintlichen Brief Stauffenbergs an einen Staatssekretär. "Verehrter Parteigenosse Landfried", heißt es darin.

Auch der Leiter der Gedenkstätte "Deutscher Widerstand", Johannes Tuchel (63), stutzte, als er den Ausstellungskatalog in die Hände bekam: Ihm fiel auf, dass das "S" in einem Schreiben an das Oberkommando des Heeres anders aussah.

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Noch auffälliger: Im Briefkopf steht "Bendlerstraße 54", eine Adresse, die es nie gegeben hat.

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Der Briefkopf dieses Schreibens stammt laut LKA aus Drucker oder Kopierer.  © Repro: privat
In diesem Stauffenberg-Brief steht eine Adresse, die es gar nicht gibt (Bildmontage).  © Repro: privat
Das "Militärhistorische Museum" kaufte versehentlich Fälschungen.  © Steffen Füssel
Dem Wissenschaftler Johannes Tuchel (63) fielen die seltsamen Schriftstücke in der Ausstellung auf.  © picture alliance/dpa
Adolf Hitler (†56) überlebte das Bombenattentat im Juli 1944.  © picture alliance/dpa

Experten vermuten einen Hochstapler

Claus Schenk Graf von Stauffenberg (†36) wurde noch im Juli 1944 im Hof des Bendlerblocks erschossen.  © Archiv

Sofort nach dem ersten Verdacht verschwanden die Dokumente aus der Ausstellung. Nachforschungen ergaben, dass sowohl der Brief mit dem seltsamen S, als auch der an Landfried Fälschungen waren.

Die Experten vermuten hier einen Hochstapler mit DDR-Hintergrund, da man fälschlicherweise davon ausging, hochrangige Militärs hätten Mitglied der NSDAP sein müssen.

Im Februar 2020 landeten die Schriftstücke beim Landeskriminalamt - Ergebnis: Der Briefkopf des Schreibens mit dem seltsamen S stammt aus Drucker oder Kopierer, beides war 1942 noch nicht im Einsatz. Auch der Landfried-Brief war gefälscht. Anzeige!

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Nun muss die Staatsanwaltschaft klären, wie die falschen Briefe ins Museum kamen. Ein schwieriges Unterfangen: Pahl und Wagner schreiben in der "Militärgeschichtlichen Zeitschrift", eine Sammlung von 26 Schriftstücken in einer Ledermappe mit Aufdruck "20. Juli 1944" von der Förderstiftung für Kunst und Wissenschaft in Neubrandenburg angeboten bekommen zu haben, den Kaufpreis konnte man deutlich herunterhandeln.

Die Stiftung selbst weiß allerdings nicht mehr, wie sie zu der Mappe kam. Das Museum wollte sich am Donnerstag nicht zu den Fälschungen äußern.

Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt (46): "Ob weitere angekaufte Schriftstücke gefälscht und strafrechtlich relevante Sachverhalte gegeben sein könnten, ist Gegenstand der weiteren Ermittlungen."

So lief das mit den Hitler-Tagbüchern

Konrad Kujau (†62) drehte dem Stern einst gefälschte Hitler-Tagebücher an.  © Ingo Röhrbein/dpa

Gefälschte Hinterlassenschaften der Nazi-Zeiten finden sich fast auf jedem Flohmarkt.

Ärgerlich für Sammler und Historiker, doch sie brachten auch schon große Zeitschriften in Turbulenzen: Im April 1983 veröffentlichte der "Stern" angebliche Tagebücher Adolf Hitlers (†56).

Das Problem: Sie stammten alle aus der Feder des Fälschers und gebürtigen Löbauers Konrad Kujau (†62).

Für das Magazin eine Blamage, für Kujau nach der Haft noch immer ein gutes Geschäft:

Seine später offiziell als Fälschungen markierten Kunstkopien waren so beliebt, dass selbst diese wieder gefälscht wurden.

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