Scholz mischt sich in Berliner Wahlkampf ein: Enteignungen schaffen keine Wohnungen

Berlin - In der Berliner Debatte über die Enteignung großer Wohnungsunternehmen hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) an die Seite der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) gestellt und sich zugleich in den Wahlkampf der Hauptstadt eingeschaltet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) ist derzeit in Argentinien und bereist danach Chile und Brasilien.
Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) ist derzeit in Argentinien und bereist danach Chile und Brasilien.  © Kay Nietfeld/dpa

"Durch Enteignungen entstehen keine neuen Wohnungen", sagte Scholz dem Tagesspiegel (online Samstag) an die Adresse der Koalitionspartner Grüne und Linke in Berlin.

Diese wollen die per Volksentscheid geforderte Verstaatlichung von Immobilien großer Konzerne umsetzen: "Die Illusion zu verbreiten, dass man es bei einer wachsenden Bevölkerung mit heute völlig veränderten Lebensverhältnissen schaffen könnte, ohne neue Wohnungen zu bauen, die hohe Nachfrage zu decken, halte ich für unverantwortlich", sagte der Kanzler.

Die Enteignung großer Wohnungsunternehmen ist eines der umstrittensten Themen im Wahlkampf für die wiederholte Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar. Seit April berät eine vom Senat eingesetzte Expertenkommission darüber, ob und wenn ja, wie das Anliegen umgesetzt werden kann. Bei dem Volksentscheid der Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" stimmte ein Großteil der Berliner Bevölkerung für diese Maßnahme.

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Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer (48) hatte sich dafür ausgesprochen, innerhalb maximal eines Jahres einen Gesetzentwurf vorzulegen, wenn die Kommission grünes Licht gibt. Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch (54) hatte am Freitag Bedingungen für ein solches Gesetz genannt und Erwartungen an eine schnelle Umsetzbarkeit gedämpft.

Scholz traut Franziska Giffey zu, die Herausforderungen zu meistern

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) als "starke Persönlichkeit" wahrgenommen.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) als "starke Persönlichkeit" wahrgenommen.  © Annette Riedl/dpa

Scholz warb zugleich für die Wiederwahl Giffeys. Er bescheinigte der Stadt, sie habe konjunkturell "manch andere Länder überholt" und "zuletzt ein großes Wirtschaftswachstum" erreicht, obwohl sie "mit dem großen Bevölkerungszuwachs vor Herausforderungen" stehe. "Einer so starken Persönlichkeit wie Franziska Giffey traue ich zu, sie zu meistern", sagte der Kanzler.

Scholz erneuerte zugleich das bisher nicht eingelöste Versprechen der Ampel-Koalition im Bund, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen. "Natürlich machen die aktuellen Preissteigerungen nach allem, was in der Welt passiert ist, die Sache nicht leichter", räumte der Kanzler ein, betonte aber zugleich: "Deshalb geben wir unser Ziel aber nicht auf. Ich will es schaffen, bald in einem Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen, und das soll dann so bleiben."

Das Geld für mehr sozialen Wohnungsbau sei vorhanden. An die Baubranche appellierte er, sich darauf einzustellen, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

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Der Landesverband der Linken in Berlin wies am Sonntag über Twitter auf den bereits erfolgreichen Volksentscheid zur Vergesellschaftung hin. Es gehe dabei vor allem darum, bezahlbare Mieten im Bestand zu sichern. "Für bezahlbaren Neubau haben wir ein kommunales Wohnungsbauprogramm vorgelegt", teilte die Linke über den Kurznachrichtendienst mit.

CDU-Landeschef Kai Wegner (50) nannte Scholz' Äußerungen am Sonntag "billiges Getöse". "Herr Scholz sollte wissen, dass sich seine Berliner Freunde auf dem Parteitag im Sommer für Enteignungen ausgesprochen haben und dass Frau Giffey trotz mehrfacher roter Linien und schlechtem Gewissen sich weiterhin alles offen lässt".

Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa

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