Chemnitzer Start-up plant Millionen-Investition und trotzt Fachkräftemangel

Chemnitz - Seit der Gründung 2014 hat Staffbase einen rapiden Aufstieg hingelegt und internationale Investoren aufmerksam gemacht. Inzwischen zählt es 600 Beschäftigte weit über Chemnitz und Sachsen hinaus. Doch fehlende Fachkräfte in der Region könnten für das Start-up zur Wachstumsbremse werden.

Martin Böhringer, CEO und einer der drei Gründer des sächsischen Software-Unternehmens Staffbase, sitzt am Firmensitz in Chemnitz.
Martin Böhringer, CEO und einer der drei Gründer des sächsischen Software-Unternehmens Staffbase, sitzt am Firmensitz in Chemnitz.  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Mit weiteren Millioneninvestitionen will das Chemnitzer Software-Unternehmen Staffbase sein Wachstum zu einem Rundum-Anbieter für Mitarbeiterkommunikation befeuern. "Wir werden dieses Jahr mindestens 50 Millionen Euro investieren", sagte Geschäftsführer Martin Böhringer der Deutschen Presse-Agentur.

Vorangetrieben werde etwa der Aufbau einer Akademie für interne Kommunikation. Sie richte sich an entsprechende Mitarbeiter und Teams in Unternehmen. Diese würden wegen des immensen Veränderungsdrucks vieler Firmen von immer neuen Anforderungen überschwemmt, sodass der Bedarf an Weiterbildungen und Qualifizierungen wachse.

Staffbase wurde 2014 gegründet und bietet eine Plattform für die Kommunikation von Unternehmen mit ihren Mitarbeitern - egal ob per App, Intranet, E-Mail oder Microsoft-Anwendung. Vor knapp einem Jahr hatte das Start-up von Finanzinvestoren 145 Millionen Dollar (122 Millionen Euro) eingeworben, um sein internationales Wachstum voranzutreiben.

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Zudem fusionierte Staffbase mit dem kanadischen Unternehmen Bananatag und übernahm den finnischen Software-Anbieter Valo Solutions.

Der größte Bremsklotz für Staffbase sei der Mangel an Fachkräften

Böhringer spricht zur Absprache mit Juliane Kiesenbauer, Director Marketing & Communications.
Böhringer spricht zur Absprache mit Juliane Kiesenbauer, Director Marketing & Communications.  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Böhringer erwartet auch in diesem Jahr starkes Wachstum. Der Umsatz habe sich 2021 nach vorläufigen Zahlen auf über 50 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Er verglich die Entwicklung mit einem immer schneller drehenden Rad.

"Der Markt ist riesengroß", betonte er. "Etwa 50.000 Unternehmen in der westlichen Welt sind so groß, dass sie eine spezialisierte Abteilung für interne Kommunikation haben. Wir haben heute rund 1500 als Kunden."

Gewinn macht Staffbase den Angaben zufolge bisher nicht. Böhringer schätzt, dass das Unternehmen inzwischen mehr als eine Milliarde Euro wert ist - in der Start-up-Szene werden solche Unternehmen als "Einhorn" bezeichnet.

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Größter Bremsklotz für das Wachstum sei die Verfügbarkeit von Fachkräften. Um Abhilfe zu schaffen, lädt das Unternehmen etwa zum "Talente-Speed-Dating" bei Spielen des Basketball-Bundesligisten Niners, dessen Sponsor Staffbase ist.

Chemnitz als Unternehmenssitz ist kein Nachteil

Martin Böhringer präsentiert einen Konferenzraum, der auch als Basketballfeld genutzt werden kann.
Martin Böhringer präsentiert einen Konferenzraum, der auch als Basketballfeld genutzt werden kann.  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Eine wichtige Zielgruppe seien auch "Exilchemnitzer", wie Böhringer sie nennt - Menschen, die vor Jahren zum Beispiel nach Süd- oder Westdeutschland gingen, weil sie in Sachsen keine Karrierechancen sahen. Gerade in der Phase der Familiengründung seien viele bereit, zurückzukehren.

Inzwischen hat Staffbase rund 600 Beschäftigte weltweit; an den Standorten in Sachsen arbeiten 20 verschiedene Nationalitäten.

Zu den insgesamt 15 Standorten gehören neben Chemnitz und Dresden auch Berlin, New York und Vancouver. Chemnitz als Unternehmenssitz sei kein Nachteil, versicherte Böhringer. "Die Erfahrung zeigt: Diese Herkunft ist ein Label für Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit."

Mit Blick auf den Unternehmenssitz laute die Frage eher: Deutschland oder ein anderes Land. "Solange wir in Deutschland bleiben, ist Chemnitz ein wunderbarer Standort für uns."

Blick in das pandemiebedingt leere Großraumbüro des sächsischen Software-Unternehmens Staffbase in Chemnitz.
Blick in das pandemiebedingt leere Großraumbüro des sächsischen Software-Unternehmens Staffbase in Chemnitz.  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Auch einen Börsengang will der Staffbase-Mitgründer für die Zukunft nicht ausschließen. Das sei eine interessante Option, um Kapital für weiteres Wachstum zu erhalten. "Im Moment ist ein Börsengang für uns aber nicht das Ziel."

Titelfoto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

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