Chemnitz droht Streit um laute Feste: Im Kulturhauptstadt-Jahr gibt es keine Ausnahme

Chemnitz - Um die Lautstärke in der Chemnitzer Innenstadt droht ein lautstarker Streit. 38 Veranstaltungen mit lauter Musik sind jährlich in der Chemnitzer Innenstadt erlaubt. Auch im Kulturhauptstadtjahr 2025 wird von dieser Regel keine Ausnahme gemacht.

In der Chemnitzer Innenstadt darf nächstes Jahr 38-mal ausgiebig gefeiert werden - so wie hier beim Hut-Festival.
In der Chemnitzer Innenstadt darf nächstes Jahr 38-mal ausgiebig gefeiert werden - so wie hier beim Hut-Festival.  © Kristin Schmidt

Ende 2023 hatte der Stadtrat die jährliche Zahl der "Seltenen Ereignisse", in denen gesetzliche Lärmgrenzen überschritten werden dürfen, von 14 auf 38 im Kern von Chemnitz erhöht - mit dem Kunstgriff, die Innenstadt in drei Teile zu schneiden und je zehn oder 14 Feste zuzulassen.

In den übrigen Ortsteilen sind je 14 "Seltene Ereignisse" zugelassen.

Diese Regel gilt jedes Jahr, auch 2025. Kai Winkler (45) vom Kulturbündnis "Hand in Hand" ahnt angesichts vieler Kulturhauptstadt-Feten: "Das wird ein Hauen und Stechen geben." Er würde am liebsten alle Beschränkungen aufheben: "Eigentlich sollten wir 2025 durchfeiern."

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Kulturexperte Lars Fassmann (47) weiß, dass mehr Feste pro Stadtteil gesetzlich verboten sind. Sein Vorschlag: "Man könnte das Kerngebiet von Chemnitz in noch kleinere Stücke schneiden und jeweils 14 Feste erlauben." Er weiß aber: "Es gibt immer einen Bürger, der sich dann beschwert."

Auch das Weinfest gehört zu den "Seltenen Ereignissen" mit Lärmerlaubnis bis Mitternacht.
Auch das Weinfest gehört zu den "Seltenen Ereignissen" mit Lärmerlaubnis bis Mitternacht.  © Kristin Schmidt

Kulturhauptstadt-GmbH mischt sich nicht ein

Kai Winkler (45) befürchtet 2025 "ein Hauen und Stechen" um freie Termine.
Kai Winkler (45) befürchtet 2025 "ein Hauen und Stechen" um freie Termine.  © Maik Börner

"Mehr Fest geht immer", meint Jürgen Renz (49, SPD). "Aber ich denke, dass die Regelung ein guter Kompromiss ist."

Auch Volkmar Zschocke (55, Grüne) wirbt "für Kompromissbereitschaft".

Die Kulturhauptstadt-GmbH ahnt, dass es im Sommer 2025 eng werden könnte.

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Doch die Organisatoren wollen sich in das Thema nicht einmischen: "Wir stehen im engen Austausch, aber das Ordnungsamt entscheidet."

Das Ordnungsamt nimmt aktuell noch Anträge für 2025 entgegen, bis 31. August per E-Mail an: gewerbe@stadt-chemnitz.de.

Lars Fassmann (47) plädiert für eine Ausweitung der Feste.
Lars Fassmann (47) plädiert für eine Ausweitung der Feste.  © Kristin Schmidt

"Seltene Ereignisse": So laut dürft Ihr sein

Gesetzlich ist Lärm in der Nacht verboten, vor allem in reinen Wohngebieten. Städte können das Verbot für bestimmte Veranstaltungen umgehen.

"Seltene Ereignisse" werden die Veranstaltungen genannt. Sie dürfen bis zu 14-mal im Jahr pro Stadtteil stattfinden. Dann dürfen Lärmwerte tagsüber von 50 auf 70 Dezibel steigen, nach 22 Uhr von 35 auf 55. Ab Mitternacht muss es wieder ruhiger zugehen.

Um eine "hochwertige Veranstaltungskultur" zu fördern, griff der Stadtrat 2023 zu einem Trick. Waren bisher 14 "Seltene Ereignisse" in der Innenstadt erlaubt, schnitt er die City nun in drei Teile (Zentrum, Schlossteich, Hauptbahnhof) und erlaubte 14/14/10, also 38 laute Feten.

In den übrigen Ortsteilen hob der Stadtrat die Zahl auf je 14 an.

Hintertür zur Party: Kommentar von Bernd Rippert

Lasst uns feiern - jede Nacht! Unter diesem Motto sollte das Kulturhauptstadtjahr in Chemnitz stehen. Sollte. Aber mal wieder stehen Gesetze und Regeln der zügellosen Freude im Weg.

Schon mit Blick auf 2025 hatte der Stadtrat die Zahl der Feten, die auch nach 22 Uhr noch laut sein dürfen, kräftig angehoben. 38 statt 14 in der Innenstadt, 14 statt 10 in den übrigen Ortsteilen.

Das ist löblich und fein. Aber diese Ausweitung gilt für jedes Jahr gleichermaßen. Für 2026/27 genauso wie für 2025. Aber war im kommenden Jahr nicht etwas? Richtig, Chemnitz wird ein kultureller Mittelpunkt Europas.

Doch trotz dieses Anlasses wird die Zahl der erlaubten Nachtfeten nicht noch weiter ausgedehnt. Eigentlich schade für die 250.000 Chemnitzer Feierbiester und Partymäuse.

Zum Glück lässt der Stadtratsbeschluss eine Hintertür offen. Der Oberbürgermeister darf von den Regeln abweichen, wenn ein mindestens "national herausragender Interpret" in Chemnitz auftreten will. Sind wir Kulturhauptstädter nicht alle ein wenig herausragend?

Titelfoto: Kristin Schmidt

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