"Wäre schade, wenn mit mir die Tradition stirbt": Meisterin des Xylophons sucht Nachfolger
Von Thomas Gillmeister
90 Jahre und kein bisschen leise. Noch immer geht mit ihr das Temperament durch, wenn es um Xylophone geht. Aber auftreten und das Publikum begeistern kann sie nun nicht mehr. "Das bricht mir schon das Herz", sinniert Greta Bölkow. "Mein Geist ist wach, doch mein Körper spielt nicht mehr mit."
Gerade kommt sie von einer Kur aus dem Thermalbad Wiesenbad im Erzgebirge zurück. Ihre drei Xylophone bleiben nun die meiste Zeit unberührt. "Das ist so, als wenn mir ein Sterne-Menü serviert wird und ich es nicht essen darf."
Vom Xylophon-Klang war die gebürtige Zwickauerin schon als kleines Mädchen fasziniert. Im berühmten Lindenhof-Varieté sah Greta die damals sehr populären Nehring-Brüder Xylophon spielen. Das wollte sie auch können! Ihre Eltern schenkten ihr ein Instrument.
Nachdem sie in Zwickau Gesang und Schauspiel studiert hatte, eroberte sie in den 50er Jahren mit ihren Xylophonen die Bühnen. Wenn sie auf ihrem vierreihigen Instrument aus Palisanderholz die Klöppel fliegen ließ, lag ihr das Publikum zu Füßen.
Brustkrebs hielt Greta Bölkow nicht auf
Egal, ob sie in Berlin, Budapest oder Brisbane spielte. Einer der Höhepunkte ihrer Show: der schnelle Säbeltanz, den sie in einem atemberaubenden Tempo spielen konnte.
Selbst nach einer Brustkrebsdiagnose trat Greta Bölkow bereits sechs Wochen nach der Operation wieder auf. Dabei war sie immer ganz die Diva. Und weil sie nicht nur auf der Bühne eine Erscheinung war, erhielt die Musikerin auch Modelaufträge.
Noch bis Mitte 80 lief sie über Laufstege oder präsentierte ihre Show. "Natürlich weiß ich, dass das Xylophon etwas aus der Zeit zu fallen scheint. Aber es wäre schade, wenn mit mir die Tradition stirbt."
Deshalb sucht sie jetzt händeringend nach einem Musiker, der Interesse an ihren Xylophonen hat.
Titelfoto: Picture Point/Kerstin Dölitzsch/Schumann + Stingl/ROBA Images