Pochen Biennale in Chemnitz beginnt: Multimediakunst vermisst digitale Welt

Chemnitz - Mit multimedialer Kunst schickt sich die Chemnitzer Pochen Biennale an, die digitale Welt neu zu vermessen.

Kuratorin Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka und Projektleiter Benjamin Gruner.
Kuratorin Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka und Projektleiter Benjamin Gruner.  © Maik Börner

"Wir Menschen haben schon immer versucht, die Welt zu verstehen, indem wir sie vermessen haben", sagte Kuratorin Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka am Mittwoch. Dabei könne Kunst helfen, die immer komplexere, digital unterstützte Welt, in der Algorithmen in alle Lebensbereiche vordringen, zu verstehen.

Dazu hat das Festival, das am Donnerstag eröffnet wird, in einer ehemaligen Fabrikhalle Arbeiten von mehr als 20 internationalen Künstlern und Kollektiven versammelt.

So hat der US-Amerikaner Evan Roth unter dem Titel "Since You Were Born" eine Collage aus Bildern vom alltäglichen Surfen im Internet geschaffen und damit eine Art digitales Tagebuch erstellt. Derweil lässt Ingo Günther illuminierte Globen in einem dunklen Raum von der Decke hängen, um unterschiedlichste Daten zu visualisieren.

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Johanna Reich schickt kleine Roboter mit Mini-Projektoren durch den Raum, die Kommentare aus dem Internet zu Themen wie Klimawandel und Gender an die Wände projizieren. Gesammelt wurden die Texte den Angaben zufolge mit einem Web-Crawler - einer Software, die das Internet automatisch durchsucht und Webseiten analysiert.

Pochen Biennale im Chemnitzer Wirkbau ist bis 9. Oktober zu sehen

Ingo Günther lässt illuminierte Globen in einem dunklen Raum von der Decke hängen, um unterschiedlichste Daten zu visualisieren.
Ingo Günther lässt illuminierte Globen in einem dunklen Raum von der Decke hängen, um unterschiedlichste Daten zu visualisieren.  © Maik Börner

In ihrer interaktiven Installation "YOU:R:CODE" fragen Bernd Lintermann und Peter Weibel nach den Codes, die wie eine Art Algorithmus das Leben von Menschen von Geburt an bestimmen. Anhand von Mehrkanalprojektionen werden Besucher dabei selbst Teil der Installation und Verbindungen zwischen dem genetischen DNA-Code und dem digital erzeugten Spiegelbild hergestellt. Auf einem anderen Bildschirm ist zu sehen, wie sich eine orangefarbene Boje in den Wellen des Ozeans wiegt.

Hier hat Simon Weckert den Punkt ausgemacht, an dem sich Nullmeridian und Äquator kreuzen. Diese Stelle im Atlantik mit den Koordinaten 0,0 sei eine digitale Datenmüllhalde, erzählt Weckert. Im Internet würden Bilder und Daten, die keinen geografischen Koordinaten zugewiesen werden können, dort gebündelt.

Die Pochen Biennale im Chemnitzer Wirkbau wird am Donnerstagabend (19 Uhr) eröffnet und ist bis 9. Oktober zu sehen. Vertreten sind etwa auch Künstler aus Japan, Frankreich, Polen und Slowenien. Im Begleitprogramm werden Führungen, Lesungen, Diskussionsrunden und ein "Electrical Walk" der Künstlerin Christina Kubisch geboten. Dabei werden den Angaben zufolge elektromagnetische Wellen in der Stadt hörbar und damit neue Klangschichten im urbanen Raum erschlossen.

Titelfoto: Maik Börner

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