Chemnitzer Pflege-Verbände schicken Brandbrief an Köpping: "Auch Geimpfte werden uns verlassen"
Chemnitz - Ab dem 16. März gilt in Deutschland die Corona-Impfpflicht für medizinisches Personal. Die Pflege-Einrichtungen zittern vor einer möglichen Kündigungs-Welle der ungeimpften Mitarbeiter. Nun wenden sich etliche Pflege-Verbände mit einem offenen Brief an Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD). Die Botschaft: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist brandgefährlich!

Nach 15 Jahren Pflegenotstand würde eine solche Impfpflicht die Einrichtungen stark belasten, heißt es in dem Brandbrief. Denn: Etliche Mitarbeiter, die sich bis zur Deadline nicht impfen lassen, verlieren vermutlich ihren Job.
Doch damit nicht genug: "Auch Geimpfte werden uns verlassen, da die verbliebenen Mitarbeitenden durch den verschärften Personalmangel noch mehr als bisher unter Überlastung leiden werden."
Für die Pflege-Einrichtungen ist klar: "Kein einziger Mitarbeiter darf von Bord gehen!" Daher fordern sie, das Gesetz zu überdenken, und sprechen Gesundheitsministerin Köpping in ihrem Brief direkt an: "Wir bitten Sie persönlich darum, (...) dass diese Gesetzgebung unsere Branche nicht noch weiter in Personalnot stürzt."
Ein Großteil des medizinischen Personals habe sich für eine Corona-Impfung entschieden, so die Pflege-Verbände. Dennoch gebe es einige Skeptiker. Die Einrichtungen sprechen Klartext: "Bei den Menschen, die sich nicht für eine Impfung entscheiden, handelt es sich keineswegs um Impfgegner, sondern in vielen Fällen um Menschen, die eine Fülle individueller Beweggründe für ihre Entscheidung haben."
Fakt ist: Köpping hofft, dass Impfskeptiker durch medizinische Beratungen und dem neuen Impfstoff von Novavax doch noch überzeugt werden. Zudem machte sie vergangene Woche klar, dass es keine Verschiebung der Pflege-Impfpflicht geben werde. Übergangsfristen seien allerdings denkbar.

Der Brandbrief an Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD) in voller Länge:
Pflege-Vereine diskutieren mit Köpping über Impfpflicht: "Austausch auf Augenhöhe"

Auch der Chemnitzer Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) unterzeichnete den Brandbrief. Das Schriftstück wurde in einem persönlichen Gespräch an Gesundheitsministerin Köpping übergeben, heißt es.
Gleichzeitig wurde konstruktiv über die Konsequenzen der Impfpflicht diskutiert. "Es war ein Austausch auf Augenhöhe und eine gute Gelegenheit, aktuelle Probleme auf direktem Weg an die Politik weiterzugeben", erzählt ASB-Sprecherin Lisa Kühnert.
Ob die beschlossene Pflege-Impfpflicht bereits Auswirkungen zeigt, dazu konnte der ASB gegenüber TAG24 noch keine Aussage treffen. Die Wohlfahrtsorganisation ist laut eigenen Angaben selbst in der Lage, ihre noch ungeimpften Mitarbeiter durch mobile Impfteams schnell und spontan zu piksen. Zudem werden Beratungsgespräche von Ärzten angeboten.
Die Sorgen bei ungeimpften Pflegekräften in Sachsen ist groß. TAG24 sprach mit zwei Betroffenen. Was sie sagen, welche Ängste sie haben und unter welchem Druck sie stehen, lest Ihr in unserem Artikel: Zwei Dresdner Pflegekräfte und ihre Angst vor dem Piks: "Darum lassen wir uns nicht impfen".
Titelfoto: Facebook/Diakonie Stadtmission Chemnitz e.V., Sebastian Kahnert/dpa