Zu viele Knöllchen! Mitarbeiter im Chemnitzer Ordnungsamt überlastet

Chemnitz - Das Chemnitzer Ordnungsamt kommt mit der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten nicht mehr hinterher. Das geht aus der Antwort von Bürgermeister Knut Kunze (54, parteilos) auf eine gemeinsame Stadtratsanfrage von FDP und Grünen hervor.

Ordnungsbürgermeister Knut Kunze (54, parteilos) braucht mehr Personal für die Zentrale Bußgeldstelle.
Ordnungsbürgermeister Knut Kunze (54, parteilos) braucht mehr Personal für die Zentrale Bußgeldstelle.  © Kristin Schmidt

Demnach haben die Sachbearbeiter in der Zentralen Bußgeldstelle (33 Stellen) im vergangenen Jahr etwa 275.000 Verfahren abgeschlossen, das sind rund 15 Prozent mehr als noch 2020. Den Löwenanteil (rund 271.000 Fälle) machen davon Verkehrssünder aus.

Zu viel für die Mitarbeiter in der Zentralen Bußgeldstelle und im Ordnungsamt. Viele hätten im vergangenen Jahr beim Hauptamt Überlastung angezeigt.

Genaue Zahlen zu den Beschwerden nannte der Bürgermeister allerdings nicht. Ebenso wenig gebe es eine Statistik, wie viele Verstöße deswegen nicht abschließend verfolgt werden konnten.

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Es habe 2023 aber einen deutlichen Anstieg gegeben, bei dem der Stadt 115.000 Euro an Bußgeldern entgangen seien.

Eine Politesse schreibt in der Promenadenstraße ein Knöllchen aus. Die Bußgeldstelle hat jetzt drei Monate Zeit zu reagieren.
Eine Politesse schreibt in der Promenadenstraße ein Knöllchen aus. Die Bußgeldstelle hat jetzt drei Monate Zeit zu reagieren.  © Kristin Schmidt
Die Chemnitzer Brückenstraße: Parkschein gelöst?
Die Chemnitzer Brückenstraße: Parkschein gelöst?  © Kristin Schmidt

Kommen Autofahrer jetzt schneller mal um ein Knöllchen drum herum?

Falsch geparkt? Dieses Bild ist Alltag auf Chemnitzer Straßen.
Falsch geparkt? Dieses Bild ist Alltag auf Chemnitzer Straßen.  © Maik Börner

"Seitens des Ordnungsamtes wird bereits seit mehreren Jahren darauf hingewiesen, dass die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung und die Erreichung der geplanten Erträge aus Bußgeldern nur mit einer ausreichenden Anzahl an Mitarbeitern zu gewährleisten ist", so Bürgermeister Kunze.

Diesen Hinweisen und Anforderungen sei bislang nur teilweise Rechnung getragen worden.

Den Eindruck, dass vor allem Autofahrer jetzt schneller mal um ein Knöllchen drum herumkommen, will der Bürgermeister aber gar nicht erst aufkommen lassen: "Die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde."

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Sämtliche Umstände des Einzelfalls würden bei der Entscheidung geprüft.

Zu viel, zu wenig: Kommentar von Raik Bartnik

In der Chemnitzer Bußgeldstelle herrscht Überlastung. Zu viele Verkehrssünder, zu wenige Sachbearbeiter. Ich gebe es zu, ein bisschen Schadenfreude macht sich da bei mir schon breit.

Zumal im Haushalt unserer Stadt explizit Einnahmen durch Bußgelder eingeplant sind: 8,3 Millionen Euro 2023, für dieses Jahr sogar 9,3 Millionen Euro. Wenn man so will: Die öffentliche Verwaltung macht ein Geschäft mit unseren Verfehlungen als Steuerzahler.

Durch nicht rechtzeitige Bearbeitung der Verfahren sind der Stadt im vergangenen Jahr 115.000 Euro durch die Lappen gegangen. Das betrifft aber alle Ordnungswidrigkeiten, und da wird es dann wirklich ernst.

Wenn ein Bauträger illegal Bäume fällen lässt und ausgerechnet für die Ahndung dieser Handlung nach Aktenlage kein Personal zur Verfügung steht, wie jüngst in Mittelbach geschehen, stelle ich mir schon die Frage: Was wird verfolgt und was nicht? Sämtliche Umstände des Einzelfalls werden bei der Entscheidung berücksichtigt, sagt die Stadt: Bedeutung der Tat, der Grad der Vorwerfbarkeit, die Folgen der Tat für den Betroffenen und vieles mehr. Habt Ihr schon mal keine Post bekommen, wenn Ihr falsch geparkt habt?

Eines beruhigt mich aber. Wir sind am Ende alle selbst dafür verantwortlich, ob wir der Stadt ihre leeren Kassen durch Fehlverhalten füllen.

Titelfoto: Maik Börner

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