Amoklauf von Hamburg: Ermittler konnten Buch des Täters nicht finden

Hamburg - Fünf Tage nach dem Amoklauf im Anschluss an eine Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg haben sich die Behörden am Dienstagvormittag zum aktuellen Ermittlungsstand geäußert. TAG24 war vor Ort.

Die Teilnehmer der Landespressekonferenz zum Ermittlungsstand im Zuge der Amoktat in Hamburg vom 9. März 2023.
Die Teilnehmer der Landespressekonferenz zum Ermittlungsstand im Zuge der Amoktat in Hamburg vom 9. März 2023.  © Kevin Goonewardena / TAG24

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag im Hamburger Rathaus stellten Innensenator Andy Grote (54, SPD), Polizeipräsident Ralf Martin Meyer (63), Arnold Keller von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg und Uwe Stockmann (Landeskriminalamt Hamburg) den aktuellen Ermittlungsstand zur Amok-Tat in Hamburg-Alsterdorf vom vergangenen Donnerstag vor.

Eingangs hob Innensenator Grote das schnelle Handeln der Hamburger Einsatzkräfte hervor und bedankte sich noch einmal eingehend bei diesen.

Amoktat von Hamburg: Keine konkreten Personen Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen

Arnold Keller, Generalstaatsanwaltschaft Hamburg, während der LPK zum aktuellen Ermittlungsstand.
Arnold Keller, Generalstaatsanwaltschaft Hamburg, während der LPK zum aktuellen Ermittlungsstand.  © Marcus Brandt/dpa

Arnold Keller von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg, betonte, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Personen Gegenstand von Ermittlungen sind.

Gegen Philipp F. (†35) lagen bis zur Tatnacht keine strafrechtlichen Einträge in den Landes- beziehungsweise Bundesregistern vor.

Das Motiv der Tat ist weiterhin unklar. Die Frage nach dem "Warum?" stehe im Fokus der Ermittlungen. Eine hohe zweistellige Anzahl an Zeugengesprächen wurde seit der Tat geführt, einer dreistelligen Anzahl an Hinweisen wurde bereits nachgegangen. Auch das von Philipp F. verfasste Buch wird zurzeit geprüft, das gleiche gelte für den Internetauftritt. Diese Überprüfungen sind aktuell noch nicht abgeschlossen.

Abschließend kann gesagt werden, dass den Behörden Wohnsitze in mehreren Bundesländern, Reisebewegungen und Kontaktinformationen bekannt sind. Strafrechtlich relevante Informationen gehören nicht dazu.

Amoktat von Hamburg: Liegt eine psychische Erkrankung vor?

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer schilderte das Vorgehen insbesondere nach dem anonymen Schreiben vom 24. Januar 2023 auf eine mögliche psychische Erkrankung und eventuelle fehlende Eignung eine Waffenbesitzkarte respektive eine Waffe zu besitzen. Auch auf das Buch sei in dem Brief hingewiesen worden. Ein solcher Hinweis sei jedoch lediglich ein Indiz, keine Tatsache. Die Waffenbehörde habe nach ihren rechtlichen Möglichkeiten gehandelt - gemeint ist hier das unangekündigte Aufsuchen von Philipp F., die Abfrage der Strafregister und die Suche nach dem auch in dem Hinweisschreiben genannten Buch, dessen Titel allerdings nicht genannt wurde. Das bedeute nicht, so Ralf Martin Meyer, richtig gehandelt zu haben.

"Ich hätte mir gewünscht, dass der Hinweisgeber andere Wege gewählt hätte, als den eines anonymen Hinweises", so Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

Amoktat von Hamburg: Motiv weiterhin unklar

Das Motiv für die Amoktat ist weiterhin nicht abschließend geklärt. Als mögliches Motiv gilt mutmaßlicher Hass des Amokläufers auf die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas.

Da es sich bei der Tat um ein Verbrechen gegen eine religiöse Gruppierung handelt, hat sich der Staatsschutz in die Ermittlungen eingeschaltet.

Andy Grote (54, SPD), Senator für Inneres und Sport in Hamburg, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer (63) , Arnold Keller von der Generalstaatsanwaltschaft und Uwe Stockmann, Landeskriminalamt Hamburg, sitzen im Rathaus während der Landespressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand der Amoktat.
Andy Grote (54, SPD), Senator für Inneres und Sport in Hamburg, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer (63) , Arnold Keller von der Generalstaatsanwaltschaft und Uwe Stockmann, Landeskriminalamt Hamburg, sitzen im Rathaus während der Landespressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand der Amoktat.  © Marcus Brandt/dpa

Amoktat von Hamburg: Täterprofil des Philipp F.

Das Profil des Täters weist psychische Auffälligkeiten auf. Bei dem Täter handelt es sich nach aktuellem Sachstand um einen Einzeltäter, der in keinerlei Strukturen eingebunden war.

Ein rechtsradikaler Hintergrund wird nach aktuellem Ermittlungsstand ausgeschlossen, wie durch Uwe Stockmann (Landeskriminalamt) ausgeführt wurde.

Von den schwerverletzten Opfern befindet sich aktuell noch eines in Lebensgefahr.

Am vergangenen Donnerstag hatte der 35-jährige Philipp F. im Anschluss an eine Versammlung der Zeugen Jehovas sieben Menschen erschossen, bevor er sich selbst ebenfalls mit der Pistole tötete. Bereits einen Tag später hatten sich die Behörden zum damals aktuellen Ermittlungsstand geäußert. Am Dienstag lieferten sie nun neue Erkenntnisse.

Amoktat von Hamburg: Umgang mit dem Buch von Philipp F.

Was ist mit dem Buch, auf das im anonymen Schreiben hingewiesenen und nach dem erfolglos im Internet recherchiert wurde?

Trotz der Auffindbarkeit der Internetpräsenz des Täters und der Untersuchung der Seite konnte der Link zu dem dort beschriebenen Schriftstück nicht hergestellt werden. Auch bei der unangekündigten Kontrolle wurde F. nicht auf die im Raum stehende Existenz des Buches angesprochen.

Nach Aussage von Uwe Stockmann liegt das Buch des Amokläufers in digitaler Form seit dem 10. März, in physischer Form seit dem 11. März den Behörden vor. Zum Zeitpunkt des Erteilens der Waffenbesitzkarte lag das Buch nicht vor. Bei Amazon war das Buch nach Angaben der Handelsplattform seit dem 20. Dezember gelistet, ist mittlerweile aber aus dem Sortiment genommen worden.

Erstmeldung: 13.18 Uhr, zuletzt aktualisiert, 16.17 Uhr

Titelfoto: Kevin Goonewardena / TAG24 NEWS

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