Usbekischer Premier in Hamburg: Gas statt Menschenrechte

Hamburg - Der usbekische Premierminister Abdulla Aripov (61) befindet sich derzeit auf Deutschlandreise. Am Freitag trafen Aripov und Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD) im Hamburger Rathaus zusammen. TAG24 war vor Ort.

Es war angerichtet: das Setting für den Fototermin im Hamburger Rathaus kurz vor der Ankunft des usbekischen Premiers Abdulla Aripov (61) und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD).
Es war angerichtet: das Setting für den Fototermin im Hamburger Rathaus kurz vor der Ankunft des usbekischen Premiers Abdulla Aripov (61) und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD).  © Kevin Goonewardena / TAG24 NEWS

Aripov befindet sich zurzeit auf einer mehrtägigen Deutschlandreise, traf am Donnerstag in Berlin unter anderem mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) zusammen, wie das von Heil geleitete Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer Pressemitteilung bekannt gab.

Grund für die Reise ist der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder.

Zu diesem Zweck traf sich der usbekische Premier mit Bürgermeister Tschentscher am Freitagvormittag im Hamburger Rathaus zu Gesprächen.

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Im Verlauf des Tages steht unter anderem auch ein Besuch des Airbuswerkes im Stadtteil Finkenwerder auf dem Programm. Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern beschäftigt in Hamburg rund 15.000 Menschen, bis zum Jahresende sollen weitere 1300 Stellen geschaffen werden.

Usbekistan ist trotz Reformen weiterhin ein autoritär geführter Staat

Shakehands: Usbekistans Premier Abdulla Aripov und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, kurz bevor sich die Politiker zu Gesprächen zurückzogen.
Shakehands: Usbekistans Premier Abdulla Aripov und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, kurz bevor sich die Politiker zu Gesprächen zurückzogen.  © Kevin Goonewardena / TAG24 NEWS

"Usbekistan versucht, die Diktatur zu überwinden", schrieb Der Tagesspiegel 2019 und attestierte Staatspräsident Shavkat Mirziyoyev (65), "vieles anders als sein Vorgänger" zu machen. Der hieß Islom Karimov (†78) und stand von 1991, nach der Unabhängigkeit des Staates von der Sowjetunion, bis zu seinem Tod 2016 an der Spitze des Landes.

Karimov galt in der Weltgemeinschaft als Diktator, regelmäßig belegte das von ihm geführte Land einen der letzten Plätze in Rankings zur Pressefreiheit oder Demokratieverständnis.

Politische Gegner und religiöse Minderheiten ließ der langjährige Präsident verfolgen, wegsperren und foltern. "Human Rights Watch" sah bereits 2011 das Land auf einer Stufe mit Syrien, wie die taz berichtete.

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Trotz des Machtwechsels 2016 und der durch Mirziyoyev eingeleiteten Reformen: Die politische Kultur in Usbekistan wurde auch 2022 als "zutiefst autoritär" beschrieben, immer wieder gibt es Berichte von massiver Polizeigewalt. Auch Homosexuelle werden verfolgt. Gleichgeschlechtliche Beziehungen jeder Art stehen in Usbekistan unter Strafe.

Bei Protesten in der autonomen Provinz Karakalpakstan kamen im Sommer 2022 einem Bericht der Tagesschau zufolge mindestens 18 Menschen ums Leben.

Usbekistans Premier in Hamburg in wirtschaftlicher Mission unterwegs

Nach dem Abschluss der Gespräche trug sich der usbekische Premierminister Abdulla Aripov in das Goldene Buch der Stadt Hamburg ein.
Nach dem Abschluss der Gespräche trug sich der usbekische Premierminister Abdulla Aripov in das Goldene Buch der Stadt Hamburg ein.  © Kevin Goonewardena / TAG24 NEWS

Ob der Bürgermeister hinter denen für die Presse verschlossenen Türen die nach wie vor existierenden Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan angesprochen hat, darf bezweifelt werden.

Auch über die nach Medienberichten stockenden oder gar ganz zurückgenommenen Reformen dürfte Hamburgs Erster Bürgermeister kein Wort verloren haben.

Der Premierminister des asiatischen Landes, auch Ministerpräsident genannt, hat ohnehin eher repräsentative Aufgaben und ist - unabhängig von der Person, die dieses Amt ausfüllt - im Land selbst im Vergleich zum Präsidenten weitgehend unbekannt.

Um Deutschland von Russland und China wirtschaftlich unabhängiger zu machen, ist Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (42, Grüne) erst im Dezember auf der Suche nach neuen Partnern nach Kasachstan und Usbekistan gereist.

Auch bei dem Besuch des Premiers und seiner Delegation in Deutschland ging es wie auch in Hamburg um die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder. Was genau besprochen wurde, verrieten die beiden Politiker nicht.

Unter anderem ist Usbekistan im Besitz von großen Erdgas- und Erdölvorkommen. Auch Kupfer, Gold, Uran und seltene Metalle werden in dem Land gefördert. Kritische Worte zur innenpolitischen Lage im Land sind naturgemäß hinderlich, wenn es um die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen geht.

Titelfoto: Kevin Goonewardena / TAG24 NEWS

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