"Weil ich Angst gehabt habe": Brisante Zeugenaussage in Prozess um Tod junger Frau

Deggendorf - Mit einer gewichtigen Zeugenaussage ist das Wiederaufnahmeverfahren um den gewaltsamen Tod einer jungen Frau aus dem niederbayerischen Freyung am Dienstag vor dem Landgericht Deggendorf fortgesetzt worden.

Der Angeklagte (28, r.) steht im Verhandlungsaal des Landgerichts Deggendorf neben seinem Verteidiger Holm Putzke.
Der Angeklagte (28, r.) steht im Verhandlungsaal des Landgerichts Deggendorf neben seinem Verteidiger Holm Putzke.  © Armin Weigel/dpa

Angeklagt ist der heute 28 Jahre alte Ex-Freund des Opfers. Ihm wird Mord vorgeworfen. Vor dem Landgericht Passau war er im November 2017 wegen Totschlags verurteilt worden.

Unter anderem die Aussage der Zeugin in dem ersten Prozess hatte den Stein für die Wiederaufnahme des Verfahrens ins Rollen gebracht.

Die Zeugin war zum Zeitpunkt der Tat im Oktober 2016 die Freundin des damals besten Freundes des Angeklagten. Vor Gericht sagte sie, ihr Freund habe ihr damals per Handynachricht geschrieben, der inzwischen Angeklagte habe berichtet, seine Ex-Freundin im Schlaf erstochen, dann vergewaltigt und ausbluten lassen zu haben. Ihr Freund habe dazu angegeben, diese Information vom Bruder des Täters erhalten zu haben.

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Die Zeugin sagte, im ersten Prozess habe sie das verschwiegen. "Weil ich Angst gehabt habe und weil ich es irgendwie verdrängt hatte." Außerdem habe ihr damaliger Freund später gesagt, das stimme alles doch gar nicht. Vor dem ersten Prozess habe sie gefürchtet, durch die Begegnung mit dem Angeklagten könnten die Erinnerungen hochkommen und sie sei deswegen ohnehin schon in psychologischer Behandlung gewesen.

Die junge Frau war sichtlich angespannt, sie kämpfte mit den Tränen. Sie bezeichnete das Opfer als ihre damals beste Freundin. Sie habe zeitweise bei ihr gewohnt, weil die Freundin Angst vor ihrem Ex-Freund gehabt habe.

Er soll sie geschlagen haben, sie habe gefürchtet, er würde ihr den gemeinsamen Sohn wegnehmen.

Vorwurf Mord: Hat er seine Ex-Freundin heimtückisch im Schlaf erstochen?

Der Angeklagte (M.) mit seinen Anwälten vor Gericht. Der Fall kann neu aufgerollt werden, da das vorherige Urteil auf einer falschen Zeugenaussage beruht.
Der Angeklagte (M.) mit seinen Anwälten vor Gericht. Der Fall kann neu aufgerollt werden, da das vorherige Urteil auf einer falschen Zeugenaussage beruht.  © Armin Weigel/dpa

Vor Gericht wurden frühere Chats zwischen der Zeugin und der Lebensgefährtin des Bruders des Angeklagten verlesen, in denen es ebenfalls um das Tatgeschehen ging.

Die Lebensgefährtin hatte vergangene Woche laut Medienberichten ebenfalls gesagt, der Angeklagte habe sein Opfer im Schlaf erstochen und anschließend missbraucht. Motiv soll Eifersucht gewesen sein und die Sorge, er würde seinen Sohn nicht mehr sehen können. Das habe der Bruder des Angeklagten erzählt. Dieser habe gemeinsam mit einem Freund dem Angeklagten geholfen, den Tatort zu reinigen und streichen.

Der ehemals beste Freund des Angeklagten und zugleich Ex-Freund der am Dienstag geladenen Frau sollte auch angehört werden, seine Aussage wurde jedoch vertagt. Die beiden Zeugen waren 2019 vor dem Amtsgericht Passau wegen uneidlicher Falschaussage verurteilt worden, nachdem sie ihre Aussagen aus dem ersten Prozess korrigiert hatten.

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In dem Verfahren geht es um die Frage, ob der Angeklagte seine 20-jährige Ex-Freundin erstochen hat, als sie schlief.

Eine Tötung im Schlaf würde das Mordmerkmal der Heimtücke bedeuten. Im ersten Prozess hatte sich das nicht zweifelsfrei klären lassen. Der Angeklagte wurde wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Zeugen zuvor wegen Falschaussage verurteilt: Prozess wird neu aufgerollt

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, die Mutter seines Sohnes getötet und in Folie verpackt in der Wohnung versteckt zu haben.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, die Mutter seines Sohnes getötet und in Folie verpackt in der Wohnung versteckt zu haben.  © Armin Weigel/dpa

Das Landgericht Deggendorf kam 2021 zu dem Schluss, dass nicht auszuschließen sei, dass die Passauer Richter ohne die Falschaussagen der beiden Zeugen 2017 ein Mordurteil gesprochen hätten. Es ließ die Wiederaufnahme des Verfahrens zu.

Die Hürden für ein Wiederaufnahmeverfahren sind hoch. Niemand darf in Deutschland eigentlich für eine Tat, für die er bereits rechtskräftig verurteilt oder von der er freigesprochen worden ist, ein zweites Mal verfolgt werden.

Eine der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme ist ein jedoch Urteil, das möglicherweise auf der Falschaussage eines Zeugen beruht.

Der Fall hatte 2016 auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil der Täter sein Opfer in Folie gepackt in der Wohnung versteckte und mit dem Sohn nach Spanien floh. Von dort aus schickte er vom Handy des Opfers Nachrichten an deren Angehörige, um diese in Sicherheit zu wiegen.

Zudem ließ er sich ein Tattoo mit den Lebensdaten und dem Namen der jungen Frau sowie dem Satz "Danke für alles" auf den Arm stechen. Die Mutter der 20-Jährigen entdeckte zwei Wochen nach der Tat die Leiche.

Titelfoto: Armin Weigel/dpa

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