Fast zehn Millionen Euro mit Corona-Tests ergaunert: 47-Jähriger muss in den Knast

Berlin - Urteil gefallen: Ein ehemaliger Betreiber von Corona-Testzentren ist am Montag in Berlin wegen Betrugs im großen Stil zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden.

Es ist das für die Hauptstadt bisher größte Strafverfahren wegen Verdachts auf Betrug bei der Abrechnung von Corona-Bürgertests. (Symbolbild)
Es ist das für die Hauptstadt bisher größte Strafverfahren wegen Verdachts auf Betrug bei der Abrechnung von Corona-Bürgertests. (Symbolbild)  © Annette Riedl/dpa

Der 47-Jährige ist vom Landgericht der Hauptstadt zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. In die verhängte Strafe wurde eine frühere Verurteilung zu drei Jahren und acht Monaten wegen Vergewaltigung und Körperverletzung einbezogen.

Der Mann habe während der Pandemie rund 9,7 Millionen Euro zu Unrecht gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin abgerechnet und erhalten. Dem Angeklagten sei es darum gegangen, "so viel Geld wie möglich zu kassieren", sagte der Vorsitzende Richter Carsten Schwanitz. Der Angeklagte habe sich "besonders verwerflich" verhalten.

Der damalige Spätkauf-Betreiber wurde des besonders schweren Betrugs in 67 Fällen schuldig gesprochen. Gegen seine mitangeklagte Schwester im Alter von 45 Jahren erging wegen Beihilfe in 17 Fällen eine Strafe von einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung. Das Gericht ordnete zudem die Einziehung des erlangten Geldes an.

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In dem für die Hauptstadt bisher größten Strafverfahren wegen Verdachts auf Betrug bei der Abrechnung von Corona-Bürgertests geht es um Taten zwischen Mai und Oktober 2021. Der Schwindel sei über 18 Testzentren gelaufen, so Richter Schwanitz nach siebenmonatigem Prozess.

Der 47-Jährige habe Tests abgerechnet, die gar nicht oder nicht in dem Umfang durchgeführt worden seien. Mehr als sechs Millionen Euro habe der Mann in die Türkei weitergeleitet – auf Konten seines Vaters, so der Richter.

Angeklagter meldet für Teststelle 65.000 Abstriche pro Monat - knapp zwei Abstriche pro Minute

Das Landgericht Berlin hat den 47 Jahre alten Angeklagten am Montag zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. (Archivfoto)
Das Landgericht Berlin hat den 47 Jahre alten Angeklagten am Montag zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. (Archivfoto)  © Sonja Wurtscheid/dpa

Wegen der pandemischen Notlage habe der Staat schnell und unbürokratisch handeln wollen, sagte der Vorsitzende weiter. Der Spätkauf-Betreiber habe wohl mitbekommen, dass es damals "faktisch keine Kontrollen gab".

Das habe er ausgenutzt und in die eigene Tasche gewirtschaftet. Der Angeklagte habe fiktive Personalien und Strohleute eingesetzt sowie Geldflüsse verschleiert. Das Gericht ging von einer "hohen Sozialschädlichkeit" aus.

In 11 der 18 Testzentren, die der Angeklagte in verschiedenen Stadtteilen angemeldet habe, sei nicht ein einziger Test erfolgt, so das Gericht. Die Tests, die er abrechnete, hätten "grob über jeder Realität" gelegen.

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So habe er einmal für eine Teststelle fast 65.000 Abstriche pro Monat geltend gemacht - "das wären knapp zwei Abstriche pro Minute gewesen". Insgesamt hätten dem Mann nur knapp 64.000 Euro zugestanden.

Die beiden Geschwister waren Ende März 2022 bei Durchsuchungen von Wohnungen und Teststationen in Berlin festgenommen worden. Der Geschäftsmann sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Frau, die Konten für den Schwindel zur Verfügung gestellt haben soll, befand sich drei Monate in Haft.

Der Staatsanwalt hatte eine Gesamtstrafe von zehn Jahren und drei Monaten gegen den 47-Jährigen beantragt. Der Verteidiger des Mannes plädierte auf maximal sieben Jahre Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Erstmeldung vom 27. März, 5.50 Uhr. Aktualisiert um 18.32 Uhr.

Titelfoto: Sonja Wurtscheid/dpa, Annette Riedl/dpa (Bildmontage)

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