Ex-Stasi-Oberst erneut als Hochstapler vor Gericht
Dresden - Eigentlich sollte es am Dienstag im Dresdner Amtsgericht "nur" um Betrug gehen. Dort wurde das Verfahren gegen Henryk G. (61) eröffnet. Der hat im vergangenen Jahr in Meißen einen Makler beauftragt, eine teure Villa gekauft, mehrere Handwerker dort Arbeiten durchführen lassen und einen Anwalt engagiert - und konnte nichts davon bezahlen...

Das gilt auch für die Bestellung einer Mercedes G-Klasse und den Auftrag an eine Wedding-Planerin für eine Luxushochzeit im Jahr 2018.
Als Richter Joachim Kubista den Angeklagten zu seinem bisherigen Leben befragte, wurde es noch abenteuerlicher: Das ging bereits zu DDR-Zeiten los.
Dort war Henryk G. wie seine Eltern hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Stasi - zuletzt im Rang eines Oberstleutnants.
Nach einer TAG24 vorliegenden Liste war er in der Bezirksverwaltung Halle in der Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme) tätig.
Mit dem Verlust dieser Stellung und dem beruflichen Misserfolg nach der Wende kam er nach eigener Aussage nicht klar.
Der Angeklagte ließ über seinen Anwalt erklären: "Ich habe versucht, mir durch Fälschungen und der Erfindung von Titeln Anerkennung zu verschaffen."
Angeklagter tischt abenteuerliche Geschichten vor Gericht auf


Mal gab sich der gelernte Elektromonteur als Völkerrechtler mit Professur in Moskau aus, mal als Oberst der tschechischen Polizei. Dann wieder als Anwalt und in den 90ern auch als Unternehmer, der einen Flugrettungsdienst aufbauen wolle.
Am Dienstag tischte der Angeklagte weitere, geradezu unglaubliche Episoden aus seinem Leben auf: 1993 sei seine zweite Frau in der Schweiz umgebracht worden, um Druck auf ihn auszuüben und ihm Stasi-Geheimnisse zu entlocken, so der Hochstapler.
Drei Monate später sei bei einem Anschlag auf ihn sein Fahrer umgekommen.
Als die Polizei wegen der Betrügereien nach Henryk G. suchte, habe sein Vater ihn verraten und dafür eine hundertprozentige Rente bekommen.
Zu überprüfen waren all diese Aussagen nicht. Zu den 13 Jahren Knast, die der Ex-Spion bereits abgesessen hat, werden durch sein Geständnis nun bis zu fünfeinhalb Jahre dazukommen.
Der Prozess wird fortgesetzt.
Titelfoto: Peter Schulze