Urteil im Mordfall Walter Lübcke gefallen: Lebenslange Haft für Stephan Ernst

Frankfurt am Main - Im Mordprozess um den Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (✝ 65) in Frankfurt am Main wurde an diesem Donnerstag das Urteil verkündet.

Der Hauptangeklagte Stephan Ernst (47, l.) wird am 22. Dezember in den Gerichtssaal geführt.
Der Hauptangeklagte Stephan Ernst (47, l.) wird am 22. Dezember in den Gerichtssaal geführt.  © Boris Roessler/dpa

Seit Juni vergangenen Jahres verhandelt der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt gegen den mutmaßlichen Täter Stephan Ernst sowie gegen Markus H., der wegen Beihilfe angeklagt ist.

Die Bundesanwaltschaft geht von einem rechtsextremistischen Motiv aus. Beide Angeklagte waren viele Jahre in der rechten Szene aktiv.

Der 47 Jahre alte Deutsche Ernst soll Lübcke im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen haben. H. soll ihn politisch radikalisiert haben.

Lauterbach-Entführung geplant? Anklage gegen Mitglied der "Vereinten Patrioten"!
Gerichtsprozesse Frankfurt am Main Lauterbach-Entführung geplant? Anklage gegen Mitglied der "Vereinten Patrioten"!

Ernst wird außerdem versuchter Mord an einem irakischen Flüchtling vorgeworfen, der im Januar 2016 bei einem Messerangriff schwer verletzt wurde.

Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung für Ernst und neun Jahre und acht Monate Haft für H. gefordert.

Die Verteidiger von Ernst plädierten auf Totschlag, während die Anwälte von H. einen Freispruch für ihren Mandanten erreichen wollen.

Stephan Ernst gestand unterschiedliche Versionen der Tat

Der Nebenklagevertreter, der die Witwe und die beiden Söhne Lübckes in dem Prozess vertritt, forderte hingegen, auch H. solle als Mittäter wegen Mordes verurteilt werden.

Die Hinterbliebenen Lübckes glauben der Aussage Ernsts vor Gericht, auch H. sei mit am Tatort gewesen. Ernst hatte mehrere unterschiedliche Versionen der Tat gestanden.

Update, 28. Januar, 10.19 Uhr: Markus H. im Lübcke-Prozess zu Bewährungsstrafe verurteilt

Der Mitangeklagte im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), Markus H., ist am Donnerstag vom Oberlandesgericht Frankfurt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Diese lautete auf ein Jahr und sechs Monate wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Ursprünglich war H. wegen Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen.

Update, 28. Januar, 10.14 Uhr: Höchststrafe für Mörder von Walter Lübcke

Wegen des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hat das Oberlandesgericht Frankfurt den Hauptangeklagten Stephan Ernst zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Richter stellten bei der Urteilsverkündung am Donnerstag zudem die besondere Schwere der Schuld fest.

Update, 28. Januar, 9.50 Uhr: Schüler halten vor Urteil in Lübcke-Prozess Mahnwache ab

Die Schüler stammen aus dem Heimatort des verstorbenen Regierungspräsidenten Walter Lübcke (✝ 65).
Die Schüler stammen aus dem Heimatort des verstorbenen Regierungspräsidenten Walter Lübcke (✝ 65).  © Uwe Zucchi/dpa

Mit einer Mahnwache haben Schüler aus Nordhessen vor der Urteilsverkündung im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke eine härtere Strafverfolgung rechtsextremer Gewalt gefordert.

Vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt hielten sie am Donnerstag Porträts des ermordeten CDU-Politikers in die Höhe und ein Transparent mit der Aufschrift "Demokratische Werte sind unsterblich".

Die Schüler stammen aus dem Heimatort Lübckes, Wolfhagen, ihre Schule war in "Walter-Lübcke-Schule" umbenannt worden.

Raste 36-Jähriger seinen Beifahrer im Suff zu Tode?
Gerichtsprozesse Frankfurt am Main Raste 36-Jähriger seinen Beifahrer im Suff zu Tode?

"Mit dem Urteilsspruch ist die Aufarbeitung des Falls nicht abgeschlossen. Die Gefahr, die von rechtsextremen Gewalttaten ausgeht, bleibt", hieß es in einer Mitteilung, die sie gemeinsam mit der Initiative "Offen für Vielfalt - Geschlossen gegen Ausgrenzung" verteilten.

Täter müssten konsequent und ohne Kompromisse verfolgt und bestraft werden. Die Schule plant demnach weitere Aktionen und Projekte. Das demokratische Vermächtnis Lübckes solle nicht vergessen werden.

Update, 28. Januar, 8:35 Uhr: Warteschlange vor dem OLG Frankfurt

Nächtliche Warteschlangen vor dem Oberlandesgericht Frankfurt: Um zur Urteilsverkündung im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten einen Platz im Zuschauerraum zu bekommen, waren zahlreiche Prozessbesucher schon Stunden vor Verhandlungsbeginn erschienen.

"Ich bin seit gestern um 17 Uhr hier", sagte ein Mann aus der nordhessischen Heimatregion Lübckes, der auf Platz 1 in der Warteschlange war. Viele hatten sich mit Decken, Regenschirmen Thermoskannen und wärmenden Decken auf eine lange Nacht eingestellt.

Wegen der Corona-Maßnahmen muss auch im Gerichtssaal Abstand gehalten werden. Im Zuschauerbereich finden daher nur 18 Besucher Platz, außerdem gibt es 19 Plätze für Journalisten auf der Pressetribüne.

Unter den Wartenden war auch Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linken im hessischen Landtag und Obmann seiner Partei im Lübcke-Untersuchungsausschuss. "Ich hoffe, dass eine klare Entscheidung gefällt wird, habe aber Zweifel, dass der zweite Angeklagte, Markus H., in der angemessenen Weise verurteilt wird", sagte er.

Markus H. ist in dem Verfahren der Beihilfe angeklagt, der mutmaßliche Täter Stephan Ernst wegen Mordes an Lübcke sowie wegen versuchten Mordes an einem irakischen Flüchtling.

"Beide Dinge, Markus H. und der Mordversuch an Ahmed I., werden uns im Untersuchungsausschuss im Landtag beschäftigen - wir wollen das aufarbeiten", sagte Schaus.

"Wir haben jetzt die ersten Akten bekommen, 1600 Aktenordner. Wir wollen aufklären über die Neonazi-Szene in Nordhessen. Der Verfassungsschutz ordnet dem Umfeld von Ernst und H. immerhin 65 Personen zu, das ist keine kleine Zahl."

Titelfoto: Boris Roessler/dpa

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Frankfurt am Main: