Fotograf missbrauchte Kinder-Models und muss hinter Gitter, doch das Gericht verlässt er auf freiem Fuß!

Köln – Der Andrang vor dem Saal des Kölner Landgerichts war groß: Rund 30 Zuschauer wollten dabei sein, als die 10. Große Strafkammer ihr Urteil gegen einen Fotografen verkündete, der wegen sexuellen Missbrauchs von Kinder-Models angeklagt war.

Ganz bewusst hatte der Angeklagte gute Beziehungen zu den Eltern seiner späteren Opfer aufgebaut.
Ganz bewusst hatte der Angeklagte gute Beziehungen zu den Eltern seiner späteren Opfer aufgebaut.  © Thomas Banneyer/dpa

Am Ende verurteilte das Gericht den Mann am Mittwoch wegen vierfachen schweren sexuellen Missbrauchs von drei Jungen zu vier Jahren und zehn Monaten Haft. In den restlichen zwölf angeklagten Fällen zu Lasten von drei weiteren Kinder-Fotomodels ergingen Freisprüche.

Dennoch hatte das Gericht nach eigenen Angaben auch in diesen Fällen den Eindruck gewonnen, dass das, was die mutmaßlichen Opfer in nicht öffentlichen Verhandlungen ausgesagt hatten, "grundsätzlich zutreffend" gewesen sei.

Da die Geschehnisse zum Teil aber viele Jahre zurücklagen, hätten die für eine Verurteilung notwendigen konkreten Feststellungen nicht mehr getroffen werden können.

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Laut Urteil hat sich der Mann in der Zeit von 1999 bis 2006 an den damals unter 14 Jahre alten Jungen vergangen. Seine sexuellen Übergriffe bereitete er demnach "hochgradig manipulativ" vor.

Fotograf baute bewusst gute Beziehungen zu Eltern seiner Opfer auf

Das Kölner Landgericht verurteilte den Fotografen zu vier Jahren und zehn Monaten Haft.
Das Kölner Landgericht verurteilte den Fotografen zu vier Jahren und zehn Monaten Haft.  © Oliver Berg/dpa

Als Fotograf von Kindermode habe der Angeklagte gezielt Kontakt zu "männlichen, vorpubertären" Kinder-Fotomodels gesucht, sich als väterlicher Freund gegeben und ein fast familiäres Verhältnis aufgebaut.

Er habe mit den Jungen Freizeit verbracht, mit ihnen in seiner Penthouse-Wohnung Playstation gespielt, ihnen teure Geschenke gemacht oder sie mitgenommen auf Fernreisen, unter anderem auf die Malediven.

Ganz bewusst habe der Angeklagte "mit dem Fokus einen sexuellen Missbrauch zu begehen" gute Beziehungen zu den Eltern, insbesondere zu den Müttern seiner späteren Opfer aufgebaut. Im Falle seines ersten Opfers im Jahr 1999 sei der Angeklagte mit den Eltern sogar so gut befreundet gewesen, dass er Patenonkel des Jungen geworden sei.

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Der Fotograf hatte im Prozess geschwiegen, die Vorwürfe über seine Verteidiger aber bestreiten lassen. Diese hatten wiederholt von einem Komplott gegen ihren Mandanten gesprochen: Demnach sei der Deutsche Opfer von Müttern ehemaliger Kinder-Fotomodels, die mit ihrer Zuneigung beim Angeklagten "abgeblitzt" seien, sowie von ehemaligen, im Streit ausgeschiedenen Mitarbeitern.

Der Vorsitzende Richter widersprach dem in der Urteilsbegründung deutlich: "Es gab keine Verschwörung."

Angeklagter verlässt Gerichtssaal auf freiem Fuß

Am Ende der Verhandlung verließ der Verurteilte den Gerichtssaal auf freiem Fuß.
Am Ende der Verhandlung verließ der Verurteilte den Gerichtssaal auf freiem Fuß.  © Thomas Banneyer/dpa

Strafmildernd wertete die Kammer unter anderem, dass der Angeklagte mit der Verurteilung "beruflich vernichtet" sei, "zumindest im Bereich der Kinderfotografie". Als strafschärfend sah das Gericht das planvolle und "konsequent umgesetzte" Vorgehen.

Die Kammer setzte den Untersuchungshaftbefehl gegen den Fotografen außer Kraft. So verließ der Angeklagte das Gerichtsgebäude nach rund 15 Monaten in der JVA Köln-Ossendorf auf freiem Fuß. Sollte das Urteil in dieser Form rechtskräftig werden, erhielte er irgendwann einen Termin zum Haftantritt.

Die Staatsanwaltschaft erhob noch im Saal Beschwerde gegen die Haftverschonung. Das Verteidiger-Team kündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen.

Erstmeldung vom 28. September 2022, 5.51 Uhr; zuletzt aktualisiert: 28. September 2022, 16.11 Uhr.

Titelfoto: Thomas Banneyer/dpa

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