Staatsanwaltschaft sicher: Rentner hat seinen Stiefsohn (†47) verbrannt!

Leipzig - Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind dramatisch: Im Landkreis Torgau soll ein Rentner den versehrten Sohn seiner Lebensgefährtin regelrecht ausgeräuchert haben, um danach ein unbeschwertes Leben mit der Frau beginnen zu können. Ob sich die ungeheuerliche Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, darüber verhandelt seit Montag das Leipziger Schwurgericht.

Ein Feuerwehrmann schaut durch das Fenster in das Dachgeschoss-Zimmer, in dem der tote Thomas Z. liegt.
Ein Feuerwehrmann schaut durch das Fenster in das Dachgeschoss-Zimmer, in dem der tote Thomas Z. liegt.  © FFW Beilrode

Am 21. Juni 2020 verdunkelten mittags dichte Rauchwolken den Himmel über einer Neubauernsiedlung im Gemeindegebiet von Beilrode. Ein Wohnhaus mit angrenzender Scheune stand in Flammen, auch ein Carport samt Auto brannte. Beim Löschen entdeckten Feuerwehrleute im Obergeschoss des Hauses eine Leiche.

Der nach einem Unfall 2010 körperlich eingeschränkte und gehbehinderte Thomas Z. (47) lag auf seinem Bett. Rund 70 Prozent seiner Hautoberfläche waren verbrannt. Laut Obduktionsbericht erstickte der erwerbsunfähige Straßenbauer am Rauchgas.

Der Kripo war schnell klar, dass der Brand gelegt wurde. Der Täter hatte an mehreren Stellen Benzin verschüttet und angezündet.

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Doch wer war es? Anderthalb Jahre blieb das unklar. Erst im Februar 2022 wurde Detlev B. (71) verhaftet - der Lebensgefährte von Hauseigentümerin Barbara Z. (71). Sie ist die Mutter des Brandopfers.

Zusammen wohnte man unter einem Dach. Dort wurde der unter anderem am Herzen und an den Knien erkrankte Thomas immer mehr zum Problem. Nach Aussage seiner Mutter hatte er sich komplett in sein Zimmer und dort offenbar in die Welt der Computerspiele zurückgezogen. Er vermüllte zusehends. "Ich bin an ihn nicht mehr rangekommen", erklärte Barbara Z. vor Gericht.

Der nach einem Unfall 2010 körperlich eingeschränkte und gehbehinderte Thomas Z. (47) lag auf seinem Bett.
Der nach einem Unfall 2010 körperlich eingeschränkte und gehbehinderte Thomas Z. (47) lag auf seinem Bett.  © privat
Bei der Anfahrt der Feuerwehr schlugen bereits Flammen aus dem Dachgestühl des Neubauernhauses.
Bei der Anfahrt der Feuerwehr schlugen bereits Flammen aus dem Dachgestühl des Neubauernhauses.  © FFW Beilrode

Der Fall hat viele offene Fragen

Er soll laut Anklage die Tragödie ausgelöst haben, weil er seinen Stiefsohn loswerden wollte: Detlev B. (71) steht wegen Mordes vor Gericht.
Er soll laut Anklage die Tragödie ausgelöst haben, weil er seinen Stiefsohn loswerden wollte: Detlev B. (71) steht wegen Mordes vor Gericht.  © Ralf Seegers
Die Mutter des Brandopfers, Barbara Z. (71), tritt im Prozess als Nebenklägerin auf, glaubt aber nicht, dass ihr Lebensgefährte der Brandstifter war.
Die Mutter des Brandopfers, Barbara Z. (71), tritt im Prozess als Nebenklägerin auf, glaubt aber nicht, dass ihr Lebensgefährte der Brandstifter war.  © Ralf Seegers

Für die Staatsanwaltschaft ist genau dies das Motiv. Der versehrte Stiefsohn sei von Detlev B. wegen seiner Lebensweise als "nutzlos" verachtet worden, behauptet die Anklage. Deshalb habe er ihn durch gezielte Brandlegung töten wollen.

Laut Staatsanwaltschaft ein heimtückischer Mord aus Habgier. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Rentner mit seiner Barbara ein neues Leben fernab des Kaffs beginnen wollte - mit der für das ausgebrannte Anwesen erwarteten Versicherungssumme in Höhe von 214.700 Euro als Startkapital.

Doch der Fall hat viele offene Fragen, die B.s Anwalt Dr. Carsten Pagels formulierte. Warum wurde am Bett des Opfers ein halbvoller Kanister Benzin gefunden? Warum rief Thomas nicht aus seinem geöffneten Fenster, das auf der vom Feuer abgewandten Hausseite lag, um Hilfe? Warum rettete er sich nicht durch einen Sprung aus diesem nicht sehr hoch gelegenen Fenster? Gab es nicht Hinweise, dass er seines Lebens überdrüssig war?

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Es ist ein Indizienprozess, den das Schwurgericht zu führen hat. Detlev B., der sich erst später einlassen will, hat die Brandlegung bislang immer bestritten. Allerdings gab es an seinen Beinen und Händen Brandwunden, welche die Staatsanwaltschaft als schwerwiegendes Indiz für seine Täterschaft wertet. Die Kammer will bis Juli verhandeln.

Titelfoto: Montage: Ralf Seegers; privat

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