Prozess gegen Magdeburger Todesfahrer: Zeugin "musste ein halbes Jahr kämpfen, um Reha zu bekommen"

Magdeburg - Am Dienstag steht der neunte Verhandlungstag im Prozess gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt an. Seine Tat steht weiterhin im Mittelpunkt.

Der Prozess um Magdeburg-Todesfahrer Taleb A. (51) wird fortgesetzt.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Der 51-jährige Angeklagte Taleb A. steht wegen sechsfachem Mord und über 300-fachem versuchten Mord vor Gericht. Ihm droht Sicherheitsverwahrung.

Grundlegende Informationen zu dem Attentat und dem langwierigen Gerichtsverfahren findet Ihr im Artikel "Eigenes Gerichtsgebäude gebaut: Mega-Prozess gegen Magdeburger Amokfahrer startet".

TAG24 ist vor Ort und berichtet live.

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10.57 Uhr: Verhandlungsfähigkeit von Taleb A. soll erneut geprüft werden

Richter Dirk Sternberg spricht den Betroffenen, die freiwillig vor Gericht aussagen, seinen "größten Respekt" aus.

Rechtsanwalt von Rüden stellt erneut in den Raum, die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten zu prüfen. Taleb A. versprach am letzten Verhandlungstag, den Geschädigten keine Fragen stellen zu wollen - daran hält sich der 51-Jährige am Dienstag nicht. Auch befindet er sich in einem wochenlangen Hungerstreik.

Sternberg vertagt die Anfrage und lädt den nächsten Zeugen vor.

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Der Angeklagte will weiterhin Fragen an die Geschädigten stellen, dies wird unterbunden.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

10.43 Uhr: Geschädigte "findet es unmöglich, wie sich der Angeklagte die Bühne nimmt"

Sowohl die 57-Jährige als auch ihr Mann waren bis Frühjahr 2025 krankgeschrieben. Beide mussten sich mehreren Operationen unterziehen und waren in psychologischer Behandlung, erklärt die Zeugin.

Inzwischen arbeitet sie wieder. Doch mit körperlichen Einschränkungen hat sie weiter zu kämpfen: "Ich habe bei jedem Schritt Schmerzen." Treppensteigen, knien, hocken oder lange Strecken gehen sind kaum möglich, schildert sie. Aufgrund der Kopfwunde ist ihre linke Kopfseite noch heute taub.

Auf die Nachfrage, warum sie freiwillig vor Gericht aussagt, findet die Verletzte klare Worte: "Ich finde es unmöglich, wie sich der Angeklagte hier die Bühne nimmt. Er spricht immer von den saudischen Frauen - bin ich weniger wert, als eine saudische Frau? [...] Ich wollte meine Geschichte erzählen."

"Ich hoffe einfach, dass Weihnachten dieses Jahr schöner wird als letztes Jahr", schließt die dreifache Mutter.

10.30 Uhr: Höchstemotionale Aussage von verletzter Frau

Der Angeklagte Taleb A. will zur ersten Befragten eine Erklärung abgeben. Richter Sternberg erteilt ihm das Wort nicht und lädt die nächste Geschädigte vor.

Die 57-jährige Zeugin schildert unter Tränen, dass sie am 20. Dezember mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt war. Das Anschlagsauto raste von der Seite aus auf sie zu.

"Ich weiß noch, wie ich mit dem Kopf auf die Motorhaube aufschlug und dann war ich erstmal weg", erklärt die Geschädigte. Sie erinnert sich an eine stark blutende Kopfwunde und Schmerzen im Knie. Ihr Ehemann wurde an den Rippen und am Bein verletzt.

Immer wieder ringt die 57-Jährige vor Gericht mit den Tränen. "Ich saß alleine zwischen zwei Menschen, die auf der Straße lagen und um ihr Leben gekämpft haben und das auch verloren haben."

10.19 Uhr: Geschädigte lernt, wieder auf Weihnachtsmärkte zu gehen

Zwischenzeitlich konnte die 38-Jährige ihre Arbeit wiederaufnehmen. Doch seit Prozessbeginn ist sie erneut krankgeschrieben. Die Verhandlung nimmt sie emotional schwer mit, erklärt sie.

Die Verletzte liebt eigentlich Weihnachtsmärkte - auf einen großen wie in Magdeburg traut sie sich aber nicht mehr. Sie und ihr Partner besuchten zuletzt einen kleinen Weihnachtsmarkt in ihrer Heimat.

"Wir wollen nicht, dass der Täter gewonnen hat", schildert die Geschädigte, "wir tasten uns langsam ran."

Im Prozess gegen den Todesfahrer Taleb A. (51) sagen zahlreiche Geschädigte aus.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

10.06 Uhr: Zeugin "hat niemandem mehr vertraut"

Die Geschädigte schildert ihren langen Klinikaufenthalt und Heilungsprozess. Die 38-Jährige war viele Wochen bettlägerig, sodass ihr Freund sie zu Hause pflegen musste.

"Ich musste ein halbes Jahr kämpfen, um überhaupt eine Reha zu bekommen", beklagt die Geschädigte vor Gericht. Sie habe sich auch vor dem Pflegedienst ständig rechtfertigen müssen.

Sowohl Gehen als auch Autofahren musste die Geschädigte wieder erlernen. Ihr Bein schmerzt noch immer. Ihr Becken hat sich durch den Bruch so verschoben, dass sie nie auf natürlichem Weg ein Kind haben kann, erläutert die Frau.

Neben den körperlichen Schmerzen bleiben aber auch die seelischen. "Ich habe niemandem mehr vertraut", so die 38-Jährige, "ich meide Menschenmengen und versuche immer, dass mir der Rücken frei bleibt. Ich habe Angst vor bestimmten Menschentypen."

Bis heute ist die Zeugin in psychologischer Betreuung.

9.53 Uhr: Verletzte erinnert sich an Anschlagsabend

Als Erstes am Dienstag sagt eine 38-jährige Geschädigte aus. Sie war am 20. Dezember mit ihrem Freund auf der Durchreise und besuchte auf dem Weg nach Merseburg den Magdeburger Weihnachtsmarkt.

Die Frau schildert, wie sie sich beim Budenzauber etwas zu essen geholt und sich dann auf dem Weg zu einem Stehtisch gemacht hat - dabei wurde sie vom Todesauto erfasst. Ihr Partner zog sie zwischen einige Buden, um sie zu schützen.

"Ich hatte tierische Schmerzen. Ich wollte mein Bein aufstellen, aber das ging nicht", erinnert sich die Geschädigte. Ihr Oberschenkel, ihr Becken, ihr Sitz-, Scham- und Kreuzbein sowie ein Lendenwirbel war gebrochen. "Ich hab die ganze Zeit gedacht, es ist ein Traum."

Ein Ersthelfer rettete ihr das Leben. "Ich bin da sehr, sehr dankbar", erklärt die 38-Jährige.

9.42 Uhr: Richter ermahnt Zuschauer

Noch vor dem ersten Zeugen macht Richter Dirk Sternberg zwei Ankündigungen: Ein Angehöriger eines Geschädigten meldete in einer E-Mail ans Gericht, dass sich einige Zuschauer daneben benehmen würden.

Demnach würden einige Besucher laut reden, lachen oder sogar essen. Der Richter bittet darum, dies künftig zu unterlassen. "Wir sind keine Theaterveranstaltung, kein Kino", so Sternberg.

Die zweite Ermahnung gilt dem Angeklagten: Taleb A. soll, wie auch schon an den vorherigen Prozesstagen, seine Fragen über seine Verteidiger stellen lassen. Am Dienstag sind zahlreiche Geschädigte geladen, die durch eventuelle Nachfragen zusätzlich belastet werden können, so Sternberg.

9.24 Uhr: Neunter Prozesstag beginnt

Auch knapp einen Monat nach Prozessbeginn ist das Interesse am Anschlagsprozess weiterhin groß. Der Zuschauerraum ist bis auf wenige Plätze prall gefüllt.

Um kurz vor halb 10 wird der Angeklagte Taleb A. (51) in seine Sicherheitszelle geführt. Pressevertreter dürfen kurzzeitig Fotos vom Todesfahrer schießen, bevor der Verhandlungstag beginnt.

6.28 Uhr: Zahlreiche Geschädigte erwartet

Am neunten Verhandlungstag im Prozess gegen den Magdeburg-Attentäter Taleb A. werden insgesamt sieben Geschädigte erwartet. Auch will mittags die Angehörige einer Toten aussagen.

Am Donnerstag berichteten zwei Augenzeugen sowie eine Verletzte von den Geschehnissen des Anschlagsabends. Nach einer Einigung der Prozessparteien müssen die Opfer eigentlich nicht vor Gericht aussagen, sie tun dies freiwillig.

Der Prozess soll regulär um 9.30 Uhr beginnen.

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