Mutter gesteht, behinderten Sohn (†17) getötet zu haben: "Ich wollte nur einschlafen"

Hildesheim – Eine wegen Mordes angeklagte Mutter hat im Landgericht Hildesheim eingeräumt, ihren behinderten 17-jährigen Sohn getötet zu haben.

Der Prozess findet vor dem Landgericht Hildesheim statt. (Archivbild)
Der Prozess findet vor dem Landgericht Hildesheim statt. (Archivbild)  © Julian Stratenschulte/dpa

Die Frau habe die kraftraubende Situation geschildert, in der sie schließlich für sich und ihren Sohn alles beenden wollte, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. "Ich wollte nur einschlafen", habe die Angeklagte gesagt.

Der 52-Jährigen wird Mord im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit vorgeworfen. Sie soll sich am 16. März 2021 in Sarstedt entschieden haben, sowohl ihren Sohn als auch sich selbst zu töten.

Laut Gerichtssprecher räumte die Angeklagte ein, Schokopudding und Apfelpüree mit einer tödlichen Medikamentendosis zunächst ihrem Sohn zu essen gegeben und anschließend selbst gegessen zu haben.

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Die leblose Frau wurde von ihrem Mann entdeckt und konnte noch reanimiert werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Jugendliche bereits gestorben.

Sohn litt an seltener Behinderung

Nach Angaben des Gerichtssprechers hatte er das Prader-Willi-Syndrom. Das ist eine seltene, genetisch bedingte Behinderung mit körperlichen und geistigen Symptomen. 2019 seien noch starke Psychosen hinzugekommen, die eine Betreuung rund um die Uhr erforderlich machten. Auch nach einem Psychiatrie-Aufenthalt habe es keine Besserung gegeben. Die Pandemie habe die Situation erschwert.

Die Verteidigung sieht anders als die Staatsanwaltschaft nicht die Komponente der Heimtücke gegeben und strebt eine Verurteilung wegen Totschlags an. Im Fall einer Verurteilung wegen Mordes kann bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit der Strafrahmen auf 3 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe reduziert werden, wie der Gerichtssprecher erläuterte.

Für den Prozess sind vier Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte nach dieser Planung am 9. Dezember verkündet werden. Die Angeklagte sitzt nicht in Untersuchungshaft.


Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge:
08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: Julian Stratenschulte/dpa

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