Krankenschwester wollte Leid von Corona-Patient verkürzen und halbierte wichtiges Medikament

Düsseldorf - Eine Krankenschwester (41) ist in Düsseldorf wegen versuchten Totschlags an einem Covid-19-Patienten schuldig gesprochen worden. Das Landgericht verurteilte die Frau am Mittwoch zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.

Die 41-jährige Krankenschwester wurde beim Prozess in Düsseldorf schuldig gesprochen.
Die 41-jährige Krankenschwester wurde beim Prozess in Düsseldorf schuldig gesprochen.  © Roberto Pfeil/dpa

Das Gericht verhängte außerdem ein vierjähriges Berufsverbot gegen die 41-Jährige. "Sie ist davon ausgegangen, zum Wohl des Patienten zu handeln", sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees. Ihr Motiv sei Mitleid gewesen. Andererseits habe sie sich über die klare Weisung des Oberarztes hinweggesetzt.

Die 41-Jährige hatte gestanden, die Dosis eines wichtigen Blutdruckmedikaments halbiert zu haben. Sie habe das Leiden des 52-jährigen Intensivpatienten verkürzen wollen. Der Patient war wenige Stunden später auf der Intensivstation eines Neusser Krankenhauses gestorben.

Die Ärzte hätten mit dem baldigen Ableben des Patienten gerechnet, führte der Richter aus. Dessen Lunge sei schwer geschädigt gewesen, sein Kreislauf sei von Apparaten aufrecht erhalten worden.

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Es sei ein Gespräch mit den Angehörigen geplant gewesen über die Fortsetzung der Therapie. Dabei wäre es darum gegangen, "dem Sterbeprozess seinen Lauf zu lassen".

Weil nicht auszuschließen war, dass der schwerst kranke Mann auch ohne den eigenmächtigen Eingriff der Krankenpflegerin gestorben wäre, war der Frau nur versuchter Totschlag vorgeworfen worden.

"Wir müssen das hier verkürzen, sonst liegt der hier morgen noch"

Die Krankenschwester (41) hatte aus Mitleid gehandelt und den schwer erkrankten Patient von seinem Leid befreien wollen. (Symbolbild)
Die Krankenschwester (41) hatte aus Mitleid gehandelt und den schwer erkrankten Patient von seinem Leid befreien wollen. (Symbolbild)  © Friso Gentsch/dpa

Mit dem Urteil entsprach das Gericht der Strafforderung von Staatsanwältin Laura Hollmann. "Wir müssen das hier verkürzen, sonst liegt der hier morgen noch", habe die Schwester zu einer Kollegin gesagt. Sie habe das Leid nicht mehr mitansehen können, habe in einer Situation der Überlastung und der emotionalen Überforderung gehandelt.

Die Prognose für den Patienten sei schlecht gewesen. "Sie hätte aber natürlich nicht über Leben und Tod entscheiden dürfen", sagte die Staatsanwältin. Die Verteidiger sprachen sich ebenfalls für eine Bewährungsstrafe aus und verzichteten nach dem Urteil auf Rechtsmittel.

"Man hat einen Eindruck bekommen, wie es auf den Intensivstationen zu Corona-Zeiten zugegangen ist", sagte einer der Verteidiger. "Von der Belastung können wir uns alle kein Bild machen." Es habe sich um ein "Augenblicksversagen" der Krankenschwester gehandelt.

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Die Frau, die sonst immer aufopferungsvoll gearbeitet habe, habe sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Inzwischen habe sie sich beruflich umorientiert und wolle in ihren alten Beruf nicht zurückkehren.

Patient erinnerte Krankenschwester an ihren Ehemann

Zuvor hatte die 41-Jährige die Situation noch einmal eindrücklich geschildert: "Man steht allein in dem Zimmer drin, der Patient blutet aus allen Löchern, alles piept. Er ist gelb angelaufen und wiegt nur noch die Hälfte."

Die Krankenschwester hatte die Unterdosierung gestanden, die Verantwortung dafür übernommen und sich bei der Familie des Mannes entschuldigt.

Ihr habe in diesem Fall die professionelle Distanz gefehlt, weil der Patient sie an ihren Ehemann erinnert habe.

Titelfoto: Roberto Pfeil/dpa, Friso Gentsch/dpa (Bildmontage)

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