Mutmaßliche Dealer-Bande kommunizierte über "Encrochat": Sind die Beweise zulässig?

Halle (Saale) - Im Prozess gegen vier Angeklagte, die im vergangenen Jahr in Halle und im Umland große Mengen an Cannabis und Kokain verkauft haben sollen, hat die Verteidigung die Zulässigkeit der Beweismittel infrage gestellt.

Der Prozess-Auftakt fand Mitte August vor dem Landgericht in Halle statt. Die Verteidigung der Dealer-Bande hat nun einige Beweismittel infrage gestellt.
Der Prozess-Auftakt fand Mitte August vor dem Landgericht in Halle statt. Die Verteidigung der Dealer-Bande hat nun einige Beweismittel infrage gestellt.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Verwendung der durch französische Behörden erhobenen Daten des Kurznachrichtendienstes "Encrochat", sagte einer der Verteidiger am Montag im Landgericht Halle.

In einer fast 90-seitigen Rechtserklärung führte er aus, warum aus seiner Sicht die der Datenerhebung vorangegangenen Beschlüsse nach französischem Recht rechtswidrig und nichtig seien. Auch die Verwendung vor Gericht sei nach deutschem Recht nicht zulässig.

Den Angeklagten im Alter zwischen 36 und 72 Jahren werden laut Staatsanwaltschaft über 30 Straftaten vorgeworfen, darunter organisierter bandenmäßiger Drogenhandel. Sie sollen von November 2019 bis November 2020 im großen Stil mit Betäubungsmitteln gehandelt und so mehr als sieben Millionen Euro umgesetzt haben. Darüber hinaus sollen sie sich illegal Waffen beschafft haben.

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Einem 42-jährigen Angeklagten wird außerdem vorgeworfen, die Ermordung eines Konkurrenten im Betäubungsmittelgeschäft verabredet zu haben.

Kurznachrichtendienst Enchrochat vor allem von Kriminellen genutzt

Die Eröffnung des Verfahrens steht im Zusammenhang mit der Entschlüsselung des Kurznachrichtendienstes Encrochat, der vor allem von Kriminellen genutzt wurde.

Auch die mutmaßliche Bande aus Halle soll laut Staatsanwaltschaft auf den Dienst zurückgegriffen haben. Die Anklageerhebung baut zu einem erheblichen Teil auf die Kommunikation der Gruppe über den Nachrichtendienst.

Der Dienst galt wegen seiner aufwendigen Verschlüsselung als nicht zu knacken. Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es 2020 dennoch, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen und diese an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden der jeweiligen Länder weiterzuleiten.

In deutschen Landgerichten sind auf Basis der erhobenen Daten bereits Urteile gegen Angeklagte gesprochen worden.

Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

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