Vier Leute starben: Mutmaßlicher Brandstifter bereut Tat, "wollte nur erschrecken"

Apolda - Bei einem verheerenden Wohnhausbrand starben im vergangenen Sommer in Apolda vier Menschen. Im Kern geht es um 250 Euro. Der mutmaßliche Brandstifter schildert jetzt vor Gericht seine Geschichte.

Bei dem Feuer wurde der Dachstuhl des Wohnhauses komplett zerstört.
Bei dem Feuer wurde der Dachstuhl des Wohnhauses komplett zerstört.  © Bodo Schackow/dpa

Er ist wütend, stiehlt zwei Benzinkanister und legt ein Feuer in einem Mehrfamilienhaus. In jener schrecklichen Brandnacht im vergangenen Sommer in Apolda sterben vier Menschen. Ein 36-Jähriger beschreibt am Mittwoch vor dem Landgericht Erfurt, wie es zu dem Feuerinferno kam.

Der Bulgare bestreitet allerdings eine Tötungsabsicht: "Ich wollte niemanden umbringen." Der Mann ist psychisch krank, daher entscheiden die Richter in einem sogenannten Sicherungsverfahren über dessen Unterbringung in der Psychiatrie.

Seine Geschichte beginnt mit einer schweren Kindheit in einem bulgarischen Waisenhaus. Als Jugendlicher lebt er nach eigener Aussage als Obdachloser auf der Straße. "Ich lebte schlechter als ein Hund, ein Hund hat einen Herren, aber ich hatte niemanden", betonte der Mann mit dicker, schwarzer Brille und blauem Hoodie.

20-Jähriger tötet Rentner: Strafe für den jungen Mann steht fest
Gerichtsprozesse Thüringen 20-Jähriger tötet Rentner: Strafe für den jungen Mann steht fest

Er spricht von seinen psychischen Problemen und dass er sich schon immer verfolgt und beobachtet gefühlt habe. "Deswegen habe ich auch dieses Verbrechen begangen."

Tatverdächtiger kam über die bulgarische Mafia nach Deutschland

Die Bewohner versuchten damals, mit allen Mitteln aus dem brennenden Haus zu kommen. Eine Person sprang sogar aus Angst vor den Flammen aus dem Fenster und starb.
Die Bewohner versuchten damals, mit allen Mitteln aus dem brennenden Haus zu kommen. Eine Person sprang sogar aus Angst vor den Flammen aus dem Fenster und starb.  © Johannes Krey/dpa-Zentralbild/dpa

Anfang 2022 sei er über die bulgarische Mafia nach Deutschland gekommen. Diese habe ihm Geld für den Abschluss von Handyverträgen und Diebstähle versprochen. Von den zunächst zugesagten 350 Euro habe er aber nur 100 Euro erhalten, berichtet der Beschuldigte. Er habe über Monate den ausstehenden Betrag gefordert und sei auch bei der Polizei gewesen.

Schließlich habe er aus Verzweiflung das Kind von einem der Betroffenen entführen wollen. Dann habe er aber das von bulgarischen Familien bewohnte Haus angezündet. "Ich wollte deren Tod nicht, ich wollte sie nur erschrecken."

In dem von dem Feuer weitgehend zerstörten Haus hatten laut früheren Angaben des Apoldaer Bürgermeisters Rüdiger Eisenbrand (Freie Wähler) neun bulgarische Familien mit 44 Mitgliedern gewohnt.

Mit Crystal und Kokain gehandelt: Lange Haftstrafen für rechtsextreme Dealer
Gerichtsprozesse Thüringen Mit Crystal und Kokain gehandelt: Lange Haftstrafen für rechtsextreme Dealer

Ein 53-jähriger Mann kam ums Leben, als er sich mit einem Sprung aus dem Gebäude zu retten versuchte.

Zudem starben noch drei weitere Menschen, die Gäste der an diesem Wochenende gefeierten zwei Schuleinführungsfeiern in dem Haus waren. Es gab zudem zahlreiche Verletzte.

Tödliches Fuer in Apolda: Staatsanwaltschaft hält Mann für schuldunfähig

Für die Opfer des Brandes wurde in der Lutherkirche in Apolda ein Gedenkgottesdienst abgehalten.
Für die Opfer des Brandes wurde in der Lutherkirche in Apolda ein Gedenkgottesdienst abgehalten.  © Bodo Schackow/dpa

Vor Gericht beteuerte der Beschuldigte immer wieder, dass er keinen Plan zu der Tat gehabt habe - er habe denjenigen, mit denen er ihm Streit lag, "nur einen materiellen Schaden zufügen wollen". Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass es so ein großer Brand werden würde.

"Ich frage mich, woher so viel mörderischer Groll herkommt wegen 250 Euro", erklärte Oberstaatsanwalt Rainer Kästner-Hengst in dem von der Anklagebehörde beantragten Sicherungsverfahren.

Die Staatsanwaltschaft hält den Mann aufgrund eines vorläufigen Sachverständigengutachtens für schuldunfähig. Laut Verteidiger Volkmar Kölzsch leidet der 36-Jährige unter einer schweren Schizophrenie. Er habe sich nicht unter Kontrolle, wenn er unter Druck stehe.

Dem Bulgaren werden unter anderem vierfacher Mord und versuchter Mord in 14 weiteren Fällen vorgeworfen. Ihm soll laut Staatsanwaltschaft bewusst gewesen sein, dass zur Tatzeit eine größere Zahl von schlafenden Menschen in dem Haus waren. Daher soll er deren Tod zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Für das Verfahren sind zunächst Termine bis Mitte Mai anberaumt.

Titelfoto: Bodo Schackow/dpa

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Thüringen: