Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Tatverdächtiger laut Gutachten schuldunfähig

Hamburg - Der Angriff auf einen jüdischen Studenten vor der Hamburger Synagoge Anfang Oktober war nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft ein heimtückischer Mordversuch mit gefährlicher Körperverletzung.

Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten vor einer Hamburger Synagoge legten Passanten am Tatort Blumen ab. (Archivfoto)
Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten vor einer Hamburger Synagoge legten Passanten am Tatort Blumen ab. (Archivfoto)  © Jonas Walzberg/dpa

Laut einem psychiatrischen Gutachten ist der mutmaßliche Täter aber schuldunfähig. Darum soll das Landgericht ab Freitag über die Frage verhandeln, ob der 29-Jährige auf Dauer in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss.

Der Deutsche mit kasachischen Wurzeln war nach der Tat bereits auf richterliche Anordnung vorläufig in einer Psychiatrie untergebracht worden.

Das sogenannte Sicherungsverfahren findet nach Angaben eines Gerichtssprechers in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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Der Beschuldigte habe das Opfer gezielt wegen seines jüdischen Aussehens ausgewählt und am 4. Oktober mit einem Kurzspaten seitlich von hinten an den Kopf geschlagen, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Der 26-jährige Student, der eine Kippa trug und zum Laubhüttenfest die Synagoge besuchen wollte, sei dabei potenziell lebensgefährlich verletzt worden.

Nach dem Ergebnis der Begutachtung leide der Beschuldigte unter einer akuten paranoiden Schizophrenie, begleitet von wahnhaften Verfolgungsängsten. Diese seien als Auslöser für die Tat anzusehen.

Mutmaßlicher Täter wollte sich mit Hakenkreuz vor Dämonen schützen

Am 4. Oktober hatte der Tatverdächtige den jüdischen Studenten mit einem Spaten angegriffen und lebensgefährlich verletzt. (Archivfoto)
Am 4. Oktober hatte der Tatverdächtige den jüdischen Studenten mit einem Spaten angegriffen und lebensgefährlich verletzt. (Archivfoto)  © Jonas Walzberg/dpa

"Die Ermittlungen haben auf Grundlage dieses Gutachtens keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschuldigte in freier Willensbestimmung religiöse, weltanschauliche, rechtsextremistische oder antisemitische Ziele verfolgte", hieß es weiter.

Seine Wahnvorstellungen hätten sich zwar vornehmlich gegen jüdische Institutionen, Rituale und Personen gerichtet. "Das Bedrohungsszenarium betraf unter anderem aber auch die christliche Glaubensrichtung", erklärte die Staatsanwaltschaft.

Auch ein in der Hosentasche des Beschuldigten gefundener Zettel mit einem aufgemalten Hakenkreuz ändere an dieser Bewertung nichts.

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Denn dem 29-Jährigen sei aus seinem privaten Umfeld wohlmeinend geraten worden, sich gegen die von ihm wahrgenommene Dämonen und echsenartigen Wesen mittels einer solchen Zeichnung zu schützen.

Dabei habe das Hakenkreuz in seiner ursprünglichen Bedeutung als Symbol des Lichts und der Sonne Schutz bieten und Glück bringen sollen, hieß es.

Die Ermittlungen hätten nicht ergeben, dass der Beschuldigte bereits vor seiner Erkrankung antisemitisches oder rechtsextremistisches Gedankengut vertreten habe.

Titelfoto: Jonas Walzberg/dpa

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