Demo-Samstag in Leipzig: Querdenker überrennen Polizei

Leipzig - Es war wenig überraschend gewesen: Nach juristischem Tauziehen erlaubte das Oberverwaltungsgericht der "Bewegung Leipzig" eine riesige Kundgebung auf dem Augustusplatz. Dort verstießen die Querdenker gegen die meisten Auflagen, danach eskalierte die Situation. Es gab Verletzte und Festnahmen. TAG24 berichtete im >>>Ticker.

Die Polizei wirkte am Demo-Samstag in Leipzig größtenteils überfordert.
Die Polizei wirkte am Demo-Samstag in Leipzig größtenteils überfordert.

Auf dem Augustusplatz war viel von Frieden die Rede, auch auf der Bühne gaben sich die Querdenker lammfromm, wenn auch mit fragwürdigen Thesen: Ein 12-Jähriger rappte, eine 17-Jährige wetterte gegen die Maskenpflicht: "Je jünger die Träger", behauptete sie, "desto größer die Schäden!" 

Einen wissenschaftlichen Beweis für diese These gibt es bislang nicht. 

Auch die stellvertretende Bürgermeisterin von Zwenkau, Heike Oehlert, hielt wieder eine Rede. Sie war bereits am 31. Oktober in Dresden aufgetreten, hatte dort ihren Austritt bei den Freien Wählern verkündet. Auch der Verschwörungs-Rapper Kevin "Kilez More" Mohr (32) bekam einen Auftritt auf der Bühne.

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Im Publikum lauschte dabei eine seltsame Mischung: Während sich in der Goethestraße rund hundert Hooligans aus dem Neonazi-Spektrum sammelten, daneben die NPD mit ihrem Ex-Chef Udo Voigt (68) Stellung bezog, wehten in der Masse Regenbogen- und sogar eine Anarchie-Flagge. Hatten die Organisatoren im Vorfeld darum gebeten, keine Reichsfahnen zu zeigen, so waren sie auch diesmal wieder dabei.

Was die bunte Mischung jedoch einte: Kaum einer trug den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. Auch die Abstände wurden immer wieder nicht eingehalten. Als dann trotz der Auflage, dass die Teilnehmerzahl bei unter 16.000 bleibt, laut Polizei 20.000 gezählt wurden, löste die Versammlungsbehörde 15.35 Uhr die Veranstaltung auf. Die Studenteninitiative "Durchgezählt" schätzte die Menge auf dem Augustusplatz sogar auf 45.000 Menschen! Der Querdenken-Anwalt Markus Haintz (38) gab daraufhin das Ende der Veranstaltung bekannt.

Demonstranten durchbrachen Polizeiketten

An der Kundgebung gegen die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen nahmen mehrere Tausend Menschen teil.
An der Kundgebung gegen die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen nahmen mehrere Tausend Menschen teil.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Dieses wiederum wollten die Demonstranten nicht: Verblieben sie trotz der Aufforderung der Polizei, den Augustusplatz zu verlassen unter Sprechchören noch dort, setzten sie sich wenig später Richtung Bahnhof in Bewegung. 

Die Polizei versuchte den verbotenen Zug aufzuhalten, wurde dabei mit Pyrotechnik und Flaschen beschmissen. 

Mehrere Polizeiketten durchbrach der Demonstrationszug, am Rande kam es zu Angriffen von Neonazis auf Reporter. Auch der Hallenser Sven Liebich (45) beteiligte sich an einer solchen Auseinandersetzung. 

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Der "Deutsche Journalistenverband" (DJV) veruteilt die Übergriffe: "Auf diese Art Journalisten einzuschüchtern und von der Arbeit abhalten zu wollen, untergräbt einen Grundpfeiler unserer Demokratie", so Ine Dippmann (45), Landesvorsitzende des DJV in Sachsen. 

Die Polizei bestätigte TAG24 am Abend, dass es Verletzte und Festnahmen gab, konnte aber keine konkreten Zahlen nennen. Auch vermischten sich nach der Auflösung Querdenken-Demonstranten mit Protestierern, auch hier kam es zu Schlägereien.

Nachdem die Querdenker immer wieder und trotz Pfefferspray-Einsatzes die Polizeiketten durchbrachen, gab die Polizei auf, ließ sie eine Demonstration durch die Innenstadt abhalten, welche wieder zurück auf den Augustusplatz führte. Sachsens Innenminister Roland Wöller (50, CDU) schimpft nun auf das Gericht: "Es ist unverantwortlich, eine solche Versammlung mit mehr als 16.000 Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie in der Leipziger Innenstadt zuzulassen", so der Politiker.

Die Einhaltung der Infektionsschutzauflagen sei von vornherein nicht möglich gewesen.

Titelfoto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

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