Seit 25 Jahren Direktor des Leipziger Gewandhauses: Das plant Andreas Schulz für die Zukunft
Leipzig - Auch nach 25 Jahren als Direktor des Leipziger Gewandhauses sprudelt Andreas Schulz vor Ideen: "Nach meinem 61. Geburtstag habe ich mir tatsächlich zum ersten Mal überlegt, was ich denn alles noch schaffen möchte und kann, bevor ich in Rente gehe", sagt er kurz vor seinem Dienstjubiläum an Neujahr im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Das nächste Ziel des 61-Jährigen: das Gründen einer Stiftung. Diese solle in Zukunft helfen, die Finanzierung des Gewandhauses zu sichern. Dann soll das international bekannte Leipziger Konzerthaus möglichst klimaneutral und digital werden.
Schulz und sein Team wollen deshalb die Konzertzeiten an den öffentlichen Nahverkehr anpassen, überdenken die Reiserouten des Orchesters, planen Kooperationen, bildeten einen Klimamanager aus.
Aufführungen sollen durch Online-Angebote zu einem noch intensiveren Erlebnis werden. "Und ich würde sehr gern den Innenhof überdachen – aber das wird aufgrund des Denkmalschutzes eher schwierig."
Auch nach 25 Jahren bereite ihm sein Beruf große Freude und Begeisterung, sagt Schulz: "Und das, obwohl es auch schwierige Zeiten und vielfältige Probleme gab."
Morgens freue er sich über die fröhliche Begrüßung an der Pforte. Abends genieße er es, nach langen und anstrengenden Tagen im Großen Saal des Hauses zu sitzen und dem Orchester zu lauschen: "Da komme ich richtig runter und Kopf und Herz werden frei, einfach nur Musik zu hören."
Udo Lindenberg war das erste Highlight in seiner Zeit in Leipzig

An seinem ersten Arbeitstag stand Udo Lindenberg (76) auf der Bühne des Gewandhauses, erinnert sich Schulz. "Ich war erstaunt darüber, dass das Publikum so schick gekleidet war. Das fand ich irgendwie cool."
Der studierte Musikwissenschaftler und Sohn eines Pastors war gerade einmal Mitte 30, als er 1998 die Leitung des Gewandhauses übernahm.
Bevor Schulz sein Amt antrat, war der Stuhl des Direktors lange unbesetzt – vieles war liegengeblieben. "Als ich also an meinem Schreibtisch Platz nahm, fühlte es sich so an, als würde über mir die Decke aufgehen und alles, was in den letzten Jahren nicht bearbeitet werden konnte, floss auf meinen Schreibtisch herab."
So passierte es regelmäßig, dass Schulz in den ersten Monaten mit dem Kopf auf der Schreibtischplatte einschlief: "Es war schwer, alles aufzufangen."
Schwer sei es für ihn damals auch gewesen, für eine solch große Organisation zu denken. "Da gab es viele Beratungen, in denen ich immer sehr aufmerksam zuhörte und mir oft im Nachhinein die notwendigen Infos zusammensuchte, um alles vollständig zu verstehen und die richtigen Entscheidungen treffen zu können."
Er sei sehr schnell sehr weit oben gewesen – und für viele Themen damals noch nicht reif und erfahren genug.
Andreas Schulz hat viel verändert im Gewandhaus

Blickt er auf die Jahre im Gewandhaus zurück, ist der 61-Jährige zufrieden: "Ich bin davon überzeugt, dass wir sehr Vieles und Positives erreicht haben – und das auch auf unterschiedlichen Ebenen." Flache Hierarchien und möglichst viel Teilhabe der Mitarbeitenden in Gestaltung und Entscheidung seien ihm immer wichtig gewesen.
Auch habe er schlicht Wände im Haus eingerissen. "Wir wollten große, offene Büros." Auch die große, dunkle Tür zum Büro des Direktors musste weichen, stehe aber heute noch im Keller des Gewandhauses – auch, weil damals viel darüber diskutiert worden sei.
Seine Arbeit sei schon immer eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne gewesen, sagt Schulz. Seit seinem Amtsantritt arbeiteten erst Herbert Blomstedt (95) und Riccardo Chailly (69) als Kapellmeister, seit 2018 dirigiert Andris Nelsons (44) das Orchester des Hauses.
Schulz sei weltweit ein geschätzter Musikmanager, sagte Nelsons. "Seit 25 Jahren hat er viele neue Maßnahmen im Bereich Sponsoring, Marketing und Musikvermittlung am Gewandhaus eingeführt."
Gleichzeitig habe er immer auch die reiche Tradition des Gewandhausorchesters respektiert, gepflegt und behutsam weiterentwickelt. "Ich bin sehr froh, dass wir gemeinsam mit vielen kreativen Ideen das Orchester in die Zukunft führen", so der Kapellmeister.
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