Zwangsfusion abgeschmettert! Thomas- und Nikolai-Gemeinde gewinnen gegen Landeskirche
Leipzig/Dresden - Da sollte zusammenwachsen, was offenbar nicht zusammengehört: Die zwei bekanntesten evangelischen Kirchgemeinden Leipzigs, St. Thomas und St. Nikolai, klagten gegen ihre vom sächsischen Landeskirchenamt geplante Zusammenlegung. Das Kirchliche Verwaltungsgericht gab ihnen jetzt recht.

Es war im Juli 2021, als ein Bescheid der Landeskirche die zwei Leipziger Innenstadtkirchen zum Erbeben brachte.
Dem Vorstand der Thomaskirche, Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach und der Thomaner, und dem der Nikolaikirche, Wiege der Friedlichen Revolution 1989, wurde aus Dresden geheißen, fortan zu verschmelzen.
Ab 1. Januar 2022 sollte es für beide Gotteshäuser nur noch ein Pfarramt geben - das von St. Thomas. Beide Kirchenvorstände gingen auf die Barrikaden, legten Widerspruch ein und kämpfen seither um die Bewahrung ihrer Eigenständigkeit.
"Beide Kirchen haben eine über 800-jährige Tradition und sind als Heimatstätte des Thomanerchors bzw. als Ort der Friedlichen Revolution weltbekannt. Beides miteinander zu vermischen (...), würde der Arbeit beider Kirchen massiv schaden", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
Hier werde ohne Not versucht, eine Strukturveränderung "auf Teufel komm raus" durchzudrücken.

Leipziger Kirchengemeinden setzen auf Ausnahmeregelung

Da es auch Landesbischof Tobias Bilz (59) nicht gelungen ist, zu vermitteln, trafen sich beide Seiten jetzt vor dem Kirchengericht.
Dort machte das Landeskirchenamt als Hauptargument für die Zusammenlegung einen Beschluss der Landessynode geltend, wonach Kirchgemeinden in Städten mindestens 6000 Mitglieder haben sollten.
Die Vertreter von St. Thomas (4800 Mitglieder) und St. Nikolai (2600) stellten hingegen auf eine Ausnahmeregel im Gesetz zur Kirchenstrukturreform ab, deren Voraussetzungen sie durch Tradition und internationale Bedeutung beider Gemeinden erfüllt sehen.
Das kirchliche Verwaltungsgericht - ein kircheninterner Spruchkörper aus zwei sächsischen Verwaltungsrichtern und einem Pfarrer - will sein begründetes schriftliches Urteil in den nächsten Wochen oder Monaten verbreiten.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/CHROMORANGE, Hendrik Schmidt/dpa