Naturfrevel in Leipzig: Minibagger rasiert Connewitzer Baugrundstück

Von Anke Brod

Leipzig - Einmal mehr erfuhr der Leipziger Stadtteil Connewitz Naturfrevel. Wieder war es ein Freitag - der Tag, an dem die Behörden ab 12 Uhr unerreichbar sind. Und just am Nachmittag des 15. Juli begannen Arbeiter inmitten der Brut- und Setzzeit, auf einer Grünbrache zwischen Koch- und Gustav-Freytag-Straße per Minibagger plötzlich Hecken und Unterholz wegzureißen.

Das Baugrundstück zwischen Koch- und Gustav-Freytag-Straße wurde von sämtlichem Unterholz und Buschwerk befreit.
Das Baugrundstück zwischen Koch- und Gustav-Freytag-Straße wurde von sämtlichem Unterholz und Buschwerk befreit.  © Anke Brod

Erst vor gut einem Jahr war im Kiez Ähnliches vorgefallen. Damals ging es um Zauneidechsen - inzwischen prangt in der vormaligen "Baulücke" an der Hildebrandstraße ein Neubau.

Im neuerlichen Fall lag der verantwortlichen Baugesellschaft laut Leipziger Naturschutzbund (NABU) an der Gustav-Freytag-Straße zwar eine Ausnahmegenehmigung zur Gehölzentfernung vor, dies aber für gezielte Bohrungen zur Baugrunduntersuchung.

An jenem Nachmittag kam aus der Bevölkerung die Hiobsbotschaft. "Die machen die ganzen Hecken platt!", hätten Anwohner alarmiert bekundet, so NABU-Mitarbeiterin Sabrina Rötsch (42) im TAG24-Gespräch zur unheilvollen Wendung der Angelegenheit.

Die entsetzten Beobachter konnten demnach so kurz vor dem Wochenende über den Stadtordnungsdienst schließlich doch noch Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde zum Ort des Geschehens beordern. Bei deren Erscheinen fehlten dem Vernehmen nach über vier Meter hinweg bereits Sträucher und Unterholz. Weitere Rodungen habe die Behörde dann untersagt, so Rötsch.

Bis zum 18. Juli blieb es in der Ecke offenbar ruhig. "Doch schon am 19. Juli ging es früh trotz des Verbots weiter", schilderte die NABU-Mitarbeiterin den Verlauf. Anwohnern zufolge war der Boden hinter dem Sichtschutzzaun bald wie leergefegt, das Unterholz und die Büsche bis auf die Bäume gekappt! Und wieder stoppten Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde vor Ort die Arbeiter.

Kommt bald ein Gutachter?

Der Leipziger Naturschutzbund (NABU) will den Fall untersuchen lassen.
Der Leipziger Naturschutzbund (NABU) will den Fall untersuchen lassen.  © Anke Brod

Bis dato ist sämtliches Gerät von dem Eckgrundstück abgezogen. Zwischen den Bäumen liegen auf kahler Erde vertrocknetes Geäst und Gehölz. Vogelgezwitscher konnte TAG24 zum Fototermin nicht ausmachen.

Vor der Teilrodung hätten Arten wie Singdrossel, Hausrotschwanz, Kohlmeise oder Haussperling dort gelebt, so Anwohnerbeobachtungen. Auch von Igeln war die Rede. "Wir vom NABU dokumentierten bei einer kurzen Begehung zwei frische, unbenutzte Vogelnester", schilderte Sabrina Rötsch.

Diese hätten sie jeweils in einer Brombeer- und Holunderhecke gesehen. Eine zuvor im Baum brütende Ringeltaube sei wohl vom Baulärm vergrämt worden.

Der NABU regt für den Fall laut Rötsch eine Untersuchung auf den Paragrafen 44 des Bundesnaturschutzgesetzes hin an.

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Danach ist es unter anderem verboten, "wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören..." Darüber hinaus wünschen sich die Naturschützer die Beauftragung eines Gutachters.

Eine durch TAG24 von der Leipziger Stadtverwaltung erbetene Stellungnahme zu den Vorfällen in Connewitz steht derzeit noch aus.

Titelfoto: Anke Brod

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