Psychologe über Licht- und Schattenseiten des Homeoffice: "Ein großes Problem ist Misstrauen"

Leipzig - In einem Interview mit der Leipziger Universität präsentierte der Arbeitspsychologe Martin Zeschke seine Erkenntnisse zum Thema Homeoffice.

Der Leipziger Arbeitspsychologe Martin Zeschke hat jahrelang zum Thema Homeoffice geforscht.
Der Leipziger Arbeitspsychologe Martin Zeschke hat jahrelang zum Thema Homeoffice geforscht.  © PR/Anne-Katrin Hutschenreuter/annabelle-sagt.de

Seiner Ansicht nach können die neuen Formen der Kommunikation und des Wissensmanagements, die mit dem Homeoffice einhergehen, sowohl für Beschäftigte als auch Chefs gewinnbringend sein.

"Ein erfolgreiches Beispiel ist digitales Onboarding in einigen Unternehmen, in denen neue Beschäftigte mithilfe von Aufgabentools alle wichtigen Informationen erhalten", erklärte der Arbeitspsychologe in dem am Dienstag veröffentlichten Interview. "Unabhängig davon, ob im Büro oder zu Hause gearbeitet wird."

Warum wird sich vielerorts aber noch gegen die Einführung und Beibehaltung vom Homeoffice gesträubt? "Ein großes Problem in vielen Unternehmen ist Misstrauen", so der Experte. Führungskräfte müssen nämlich einen Teil ihrer Kontrolle abgeben und können nicht sehen, ob ihre Beschäftigten daheim tatsächlich arbeiten.

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Für Zeschke ist das allerdings kein schlagkräftiges Argument: "Im Büro arbeiten auch nicht alle Beschäftigten 100 % ihrer Arbeitszeit konzentriert an ihren Aufgaben."

Anstatt seinen Angestellten zu misstrauen, sollte autonomes und flexibles Arbeiten gefördert werden: "Als Führungskraft sollte man nicht mehr unbedingt den Weg, sondern das Ziel überprüfen, zum Beispiel in regelmäßigen Gesprächen."

Homeoffice bringt viele Vor-, aber auch einige Nachteile mit sich

Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Hannes Zacher bringt Zeschke schon bald die gesammelten Ergebnisse der Forschung heraus.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Hannes Zacher bringt Zeschke schon bald die gesammelten Ergebnisse der Forschung heraus.  © PR/Swen Reichhold

Natürlich gehen mit dem Homeoffice auch einige negative Begleiterscheinungen einher: das Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben zum Beispiel.

"Hier braucht es Routinen, die Beschäftigten im Homeoffice signalisieren: Jetzt fange ich an zu arbeiten, jetzt habe ich Pause oder jetzt höre ich auf und mache Feierabend. Dazu können das Holen oder Wegbringen des Laptops zählen oder ein Spaziergang vor oder nach der Arbeit."

Viele Arbeitgeber sehen das Homeoffice als Chance, Kapazitäten wie Büroräume einzusparen - was laut Zeschke nachvollziehbar und richtig sei, aber auch Gefahren birgt.

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Stellt man die Arbeit im Büro nämlich auf sogenannte Shared-Desk-Konzepte um (Beschäftigte haben keinen festen Arbeitsplatz, sondern wählen sich einfach einen freien Tisch), fühlen sich die Angestellten dort oftmals nicht mehr so wohl wie früher.

"Da es 'ihren' Arbeitsplatz nicht mehr gibt, mit dem sie sich identifizieren können und den sie persönlich gestalten, zum Beispiel mit Fotos", so der Psychologe. "Unternehmen müssen hier darauf achten, kurzfristige Mietkostenersparnisse nicht durch langfristige Kosten durch Fluktuation zu verlieren."

Das Buch "Homeoffice" erscheint am 30. November.
Das Buch "Homeoffice" erscheint am 30. November.  © Hogrefe Verlag

Gemeinsam mit dem Arbeitspsychologen Prof. Dr. Hannes Zacher veröffentlicht Martin Zeschke am 30. November das Buch "Homeoffice". Darin wird die Forschung der vergangenen Jahre zu dieser Thematik zusammengefasst.

Titelfoto: PR/Anne-Katrin Hutschenreuter/annabelle-sagt.de

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