Drei Monate 9-Euro-Ticket: Sachsen-Anhalt zieht Bilanz

Magdeburg - Bald ist es vorbei mit dem 9-Euro-Ticket. Landesregierung und Verkehrsbetriebe sahen eine überwältigende Nachfrage. Doch für eine Neuauflage gibt es noch viel zu tun.

Volle Züge, mächtig Begängnis an den Bahnhöfen: Das 9-Euro-Ticket hat auch in Sachsen-Anhalt dazu geführt, dass viel mehr Menschen auf die Bahn umsteigen.
Volle Züge, mächtig Begängnis an den Bahnhöfen: Das 9-Euro-Ticket hat auch in Sachsen-Anhalt dazu geführt, dass viel mehr Menschen auf die Bahn umsteigen.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Das 9-Euro-Ticket hat auf manchen Bahnstrecken in Sachsen-Anhalt zu deutlich volleren Zügen geführt. Zum Teil lag die Auslastung von Juni bis August jeweils um mehr als das Dreifache höher als im Mai, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte.

Insbesondere auf der Verbindung RE3 von Wittenberg nach Berlin schoss demnach die Zahl der Reisenden in die Höhe. "Die sehr einfache Nutzungsmöglichkeit hat die oft diskutierten Zugangshürden zum ÖPNV offensichtlich massiv gesenkt", sagte der Sprecher kurz vor dem Ende der vergünstigten Fahrkarte. Viele Menschen seien animiert worden, den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) auszuprobieren.

Allerdings habe die überregionale Nutzung des Tickets die Ressourcen wie Fahrzeuge, Personal und Haltestellen stark strapaziert, hieß es aus dem Ministerium. Insbesondere auf den touristisch frequentierten Strecken wie im Harz sei sichtbar geworden, dass weite Teile des Schienennetzes nicht für deutlich mehr Fahrgäste ausgestattet seien, sagten Verkehrsexperten.

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Für die Unternehmen sei dieser dreimonatige Zeitraum eine enorme zusätzliche Herausforderung gewesen. Allein im Juni wurden in Sachsen-Anhalt mehr als 400.000 Tickets verkauft.

Infrastruktur nicht ausreichend für Passagieranstieg

Die Nachfrage hatte jedoch auch Folgen. Unter anderem im Harz zeigte sich, dass weite Teile des Schienennetzes nicht für deutlich mehr Fahrgäste ausgestattet seien, sagten Verkehrsexperten.
Die Nachfrage hatte jedoch auch Folgen. Unter anderem im Harz zeigte sich, dass weite Teile des Schienennetzes nicht für deutlich mehr Fahrgäste ausgestattet seien, sagten Verkehrsexperten.  © Matthias Bein/dpa

Zwar wurde mitunter mit zusätzlichen Wagons reagiert, diese reichten aber oftmals nicht für den Ansturm von Reisenden aus. Züge mussten mitunter von der Bundespolizei wegen Überfüllung geräumt werden.

Verkehrsministerin Lydia Hüskens (58, FDP) benannte die Schwächen klar: "Aufgrund knapper Ressourcen an Fahrzeugen und Personal sind weitere Aufstockungen trotz aller Bemühungen längerfristig aber kaum umsetzbar." Die Infrastruktur sei für diesen spürbaren Passagieranstieg einfach nicht gut gerüstet.

Man könne bei etwaigen Versäumnissen nicht gegenseitig mit den Fingern aufeinander zeigen, sagte Hüskens. "Darüber müssen wir reden, sowohl in Berlin als auch in Magdeburg. Die Verhandlung über die künftige Ausgestaltung der Regionalisierung werden hart geführt."

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Ob es ein Nachfolgeangebot geben wird, wird derzeit hitzig diskutiert.

Harsche Kritik an Ticket seitens der Gewerkschaften

Kritik am Ticket gab es zudem von Unternehmen sowie Gewerkschaften, die von einer enormen Belastung für Personal und Belegschaft sprechen.
Kritik am Ticket gab es zudem von Unternehmen sowie Gewerkschaften, die von einer enormen Belastung für Personal und Belegschaft sprechen.  © Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa

Insbesondere das Personal kam in den drei Monaten an seine Grenzen. Die lautesten Gegner einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets sind die Gewerkschaften.

"Die Belegschaft hat die Belastungsgrenze erreicht und teilweise überschritten", sagte Ende Juli der Vizevorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert. Ähnlich äußerte sich damals die Lokführergewerkschaft GDL.

Auch die Verkehrsbetriebe äußern Nachsteuerungsbedarf, sollte es absehbar ein vergünstigtes Ticket geben. "Für die Verkehrsunternehmen hat das 9-Euro-Ticket keine zusätzlichen Einnahmen ermöglicht, da die Ausgleichszahlungen des Bundes für das Ticket auf Basis des Einnahmeniveaus des Jahres 2019 gedeckelt sind", sagte eine Sprecherin des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes. Die Unternehmen hätten also deutlich mehr Menschen bewegt und bei aktuell dramatischen Kostensteigerungen keinen Cent zusätzlich verdient.

Folgen könnten laut Mitteldeutschem Verkehrsverbund höhere Fahrpreise, Leistungsreduzierungen und Investitionen in die Infrastruktur sein. Der Nahverkehr in Deutschland sei unter den gegebenen Rahmenbedingungen und Erwartungen für die Zukunft nicht auskömmlich finanziert, sagte die Sprecherin.

Mit Blick auf eine "echte Verkehrswende" und eine Erweiterung des Verkehrsangebotes fehle es hier an allen Ecken und Enden.

Titelfoto: Matthias Bein/dpa

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