OB-Wahl Magdeburg 2022: Diese Kandidatinnen gehen an den Start
Magdeburg - Am Sonntag habt Ihr die Qual der Wahl: Die Magdeburger dürfen ein neues Stadtoberhaupt wählen und über Lutz Trümpers (66, SPD) Nachfolge entscheiden. Ihr habt Euch noch nicht richtig informiert? Wir helfen Euch und stellen in einer dreiteilige Mini-Serie alle neun Kandidat*innen vor. Hier die ersten Bewerber - alles Frauen! - im kurzen TAG24-Check.
Heute: Nicole Anger (45, Linke), Sarah Biedermann (24, Freie Wähler), Simone Borris (59, Einzelbewerberin).
Transparenzhinweis: TAG24 hat allen neun Kandidaten dieselben Fragen gestellt. Die Antworten werden im folgenden im originalen Wortlaut wiedergegeben. Die Kandidaten sind in alphabetischer Reihenfolge der Nachnamen aufgeführt.

Nicole Anger (45, Linke)

TAG24: Welche drei Themenschwerpunkte müssen in Magdeburg auf politischer Ebene nach der Wahl als Erstes in Angriff genommen werden und warum?
Nicole Anger: Die Verkehrssituation in Magdeburg strahlt eine Unattraktivität nach innen und außen aus. Gerade bei der Mobilität in der Landeshauptstadt ist noch viel Potenzial nach oben. (...). Deswegen müssen wir endlich eine bessere Baustellenkoordinierung und damit einhergehend eine deutliche Verbesserung der Verkehrssituation erreichen.
Wir brauchen in Magdeburg in allen Stadtteilen bezahlbaren Wohnraum für Familien, aber ebenso für Rentner:innen und Studierende. Und wir müssen einen besonderen Fokus auf den sozialen Wohnungsbau setzen. (...) Auch bereits bestehende Wohnungen müssen für alle bezahlbar bleiben. Niemand darf wegen steigender Mieten und Energiekosten aus seinem gewohnten Wohnumfeld verdrängt werden. Ich möchte nicht, dass Immobilienkonzerne bestimmen, wohin sich unsere Stadt entwickelt, sondern ihre Einwohnerinnen und Einwohner.
(...) Ich halte fest an der Forderung eines Schüler:innentickets, mit dem alle Kinder und Jugendliche kostenfrei mit Bus und Bahn fahren und das nicht nur auf dem Weg zur Schule. Das wäre auch ein Gewinn für eine umfassende Verkehrswende. Wir benötigen einen attraktiven und vor allem günstigen öffentlichen Nahverkehr.
TAG24: Was mögen Sie an Magdeburg, und was muss verbessert werden?
Nicole Anger: (...) Wenn ich als gebürtige Magdeburgerin sehe, wie sich die Stadt in den letzten 10, 20 Jahren verändert hat und mit wie viel Kreativität und Engagement die Menschen dieser Stadt daran Anteil haben, dann erfreut mich das sehr. Wir können daran sehen, dass die Magdeburger:innen ihre Stadt mitgestalten wollen. Deswegen sind es an erster Stelle die Menschen, die diese Stadt für mich besonders machen. Magdeburg ist ein urbanes Zentrum Sachsen-Anhalts mit spannenden und vielfältigen Angeboten im Kulturbereich - vom Straßenmusiker, über Jugendkunstschule und Puppentheater bis hin zur Oper. Es gibt in der Stadt Freiräume, die man noch entwickeln kann, in denen sich Menschen mit ihren Ideen verwirklichen können. (...) Innerstädtisch haben wir viele Orte und Plätze, an denen man sich erholen und entspannen kann - wie entlang der Elbe der Rotehornpark. Man muss nicht raus aus Magdeburg, um durchzuatmen. Daher müssen diese Orte auch erhalten bleiben. (...) Die Bewerbung zur Kulturhauptstadt und auch die Lichterwelt zeigen, wie selbstbewusst wir sein dürfen und müssen. Magdeburg hat eine fehlende wirtschaftliche Stärke, die andere vergleichbar große Städte haben. Mit der Intel-Ansiedlung stehen wir nun vor sehr großen Herausforderungen. Die Infrastruktur der Stadt muss angepackt und ausgebaut werden. Das Wachstum der Stadt wird sehr dynamisch werden. Dabei müssen wir uns auch den Herausforderungen des Klimawandels stellen. (...) Magdeburg wird sich verändern und dies müssen wir als Stadtgesellschaft anpacken und nicht Intel bestimmen lassen, welchen Weg wir zukünftig gehen werden.
TAG24: Warum Sie wählen und nicht einen der anderen Kandidaten?
Nicole Anger: Eine wachsende Stadt braucht soziale Absicherung, Zugang zu bestmöglicher Bildung, offene Kultur- und Begegnungsangebote. Der Zusammenhalt muss gestärkt werden, innerhalb der Quartiere und zwischen den Stadtteilen. Ich will, dass niemand zurückbleibt: Ob Neu- oder Altstadt, Stadtmitte oder Außenbezirk, Alteingesessene oder Zugezogene. Der Stadtumbau muss familien- und altersgerecht sowie stärker ökologischen Kriterien folgen. Neben Wohnen ist die Verkehrssituation in der Landeshauptstadt eine der ganz großen Aufgaben. Eine vernünftige Verkehrspolitik, die alle Interessen berücksichtigt, ist dafür die Richtschnur. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf sichere Schulwege zu legen, ob zu Fuß, per Rad oder mit Bus/Bahn.(...) Meine Stadtpolitik zielt auf Chancengerechtigkeit, Zusammenhalt und Mitbestimmung. Ich bin eine leidenschaftliche Kämpferin für die Beteiligung der Menschen. Ich möchte die Magdeburger:innen viel mehr als es bisher geschehen ist, in die Entwicklung unserer Stadt einbeziehen. Denn gemeinsam können wir mehr. Magdeburg ist unser aller Zuhause!
Mehr zu Nicole Angers Wahlprogramm erfahrt Ihr hier.
Sarah Biedermann (24, Freie Wähler)

TAG24: Welche drei Themenschwerpunkte müssen in Magdeburg auf politischer Ebene nach der Wahl als Erstes in Angriff genommen werden und warum?
Sarah Biedermann: Erstens: Die Intel-Ansiedlung begeistert die Region. Jedoch dürfen wir uns jetzt nicht zurücklehnen. Die richtige Arbeit beginnt genau jetzt. Extrem viele Projekte müssen aus kommunaler Sicht in Vorleistung angeschoben und realisiert werden: Straßen, ÖPNV, Schulen, Kitas, Wohnungen, Infrastruktur usw. (...)
Zweitens: Die angespannte Baustellen- und Verkehrssituation muss auf den Prüfstand. Hier gibt es ein hohes Frustpotenzial in der Stadt. Eine optimale Koordination und Abstimmung bei den Baustellen und einen besser fließenden Verkehr wünschen sich viele Magdeburgerinnen und Magdeburger.
Drittens: Magdeburger Familien brauchen Entlastung. Sei es mit bezahlbarem Wohnraum, bei den Kita- und Hortgebühren, einer perspektivisch kostenfreien Verpflegung in den Einrichtungen, mit einem kostenfreien Schülerticket auch für Azubis und einer vernünftigen digitalen Ausstattung nicht nur an den Schulen, sondern auch zu Hause unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Soziale Teilhabe muss gesichert sein. Das Ganze funktioniert nur mit einer vernünftigen und proaktiven Wirtschaftsförderung, denn Ansiedlungen und Firmengründungen bedeuten gute Jobs und gute Löhne und Einnahmen für die Stadtkasse, welche man am Ende auch wieder sinnvoll investieren und verplanen kann.
TAG24: Was mögen Sie an Magdeburg? Und was muss verbessert werden?
Sarah Biedermann: Die Menschen sind einfach klasse: Machteburjer haben eine große Klappe und ein großes Herz. Das macht sie so liebenswert. Und natürlich die Geschichte und Kultur der Stadt, ihre tollen, wunderschönen, aber auch spröden Orte und Plätze, das viele Grün in den Gärten und Parks, die Sportbegeisterung und meine Lieblingsplätze an der Elbe. (...) Eine Großstadt ist nie vollkommen: Die Verkehrs- und Baustellensituation muss unbedingt optimiert werden, junge Familien brauchen beispielsweise nicht nur bezahlbaren und guten Wohnraum, sondern auch eine funktionierende Infrastruktur bei Schule, Kita und ÖPNV. Junge Menschen brauchen Angebote, welche für sie attraktiv und realisierbar sind. Das gilt im Übrigen für alle Bürgerinnen und Bürger, Jung und Alt. Aber das Ganze muss natürlich auch finanziert werden können. Proaktive Ansiedlungspolitik schafft neue, innovative und gut bezahlte Arbeitsplätze und lässt die Wertschöpfung in der Region. Ich möchte eine junge Politik für alle Generationen.
TAG24: Warum Sie wählen und nicht einen der anderen Kandidaten?
Sarah Biedermann: Unsere Zukunft beginnt jetzt… Und das meine ich genauso. Aktuell zeigt sich dramatisch, wie zerbrechlich Tatsachen und Vorstellungen sind. Aber wir müssen auch nach vorn schauen, neu justieren. Ein "weiter so in guten Händen" klingt gut, ist aber letztendlich nur eine Worthülse. Heute beginnt Morgen und dieses Morgen muss gerade auch unsere junge Generation meistern können. Dazu zähle ich mich und möchte als zukünftige Oberbürgermeisterin von Magdeburg Verantwortung übernehmen, Möglichkeiten suchen, Chancen nutzen, Gestalten statt Verwalten. Junge Politik für alle Magdeburger Generationen. Geben wir der Jugend eine Chance, geben wir der Jugend Zukunft!
Mehr zu Sarah Biedermanns Wahlprogramm findet Ihr hier.
Simone Borris (59, Einzelbewerberin)

Bis zum Einsendeschluss für die TAG24-Übersicht lagen der Redaktion keine Antworten von Simone Borris vor.
Im Oktober 2021 wurde Simone Borris durch die Stadträte zur Bürgermeisterin gewählt und ist somit die Stellvertreterin von Oberbürgermeister Trümper.
Sie setzt sich besonders für Stadtentwicklung ein, das beinhaltet Bereiche wie Kultur, Sozialpolitik, Wohn- und Freiraum, Grünflächen, Verkehr.
Der ÖPNV soll unter Simone Borris auf den Prüfstand und kluge Fahrpreismodelle, wie ein kostenloses Schülerticket, sollen entwickelt werden.
Mehr zu Simone Borris' Wahlprogramm findet Ihr hier.
Morgen stellen wir Euch drei weitere Kandidaten vor: Bettina Cornelia Fassl (59, Tierschutzallianz), Till Isenhuth (27, Einzelbewerber) und Dr. André Jordan (46, Die Partei).
Titelfoto: Bildmontage: Swen Pförtner/dpa, Ben Gross, Kay Spaete, Screenshot/Instagram/simone.borris