Rechtsextreme Polizei-Chats, was nun? Landtag führt hitzige Diskussion

Magdeburg - Nach dem bekannt gewordenen Klassenchat von Polizeischülern mit rassistischen und gewaltverherrlichenden Inhalten dringen die Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt auf Aufklärung.

Innenministerin Tamara Zieschang (52, CDU) hatte vergangene Woche Chats einiger Polizeischüler aufgedeckt.
Innenministerin Tamara Zieschang (52, CDU) hatte vergangene Woche Chats einiger Polizeischüler aufgedeckt.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

In einer Debatte im Parlament am Donnerstag mahnten die Abgeordneten eine systematische Aufarbeitung an. Am Freitag will Innenministerin Tamara Zieschang (52, CDU) in einer Sondersitzung des Innenausschusses ausführlich über eingeleitete Maßnahmen berichten.

Bereits am Donnerstag kündigte Zieschang Konsequenzen an. Man werde nach diesen Vorfällen in der Landespolizei und insbesondere an der Fachhochschule der Polizei nicht zur Tagesordnung übergehen, sagte sie im Landtag.

"Wir werden in allen Bereichen und allen Hierarchieebenen an uns arbeiten und uns verbessern." Die Inhalte des Chats seien eine Schande für die Landespolizei. Die Beamten müssten sich mit ihrem gesamten Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen.

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"Dieses Bekenntnis verträgt keine Trennung zwischen Dienst und Freizeit."

Über 50 rassistische und gewaltverherrlichende Nachrichten in Gruppenchat entdeckt

In dem Klassenchat wurden über 50 antisemitische, gewaltverherrlichende oder rassistische Nachrichten gefunden. (Symbolbild)
In dem Klassenchat wurden über 50 antisemitische, gewaltverherrlichende oder rassistische Nachrichten gefunden. (Symbolbild)  © 123RF/nito500

Zieschang hatte vergangene Woche öffentlich gemacht, dass 18 Polizeibedienstete entlassen werden sollen, weil sie als Polizeischüler an einem Klassenchat mit gewaltverherrlichenden Inhalten beteiligt gewesen sein sollen.

Der Chat bestand von September 2017 bis Dezember 2021. Von über 5000 Einzelnachrichten seien mindestens 50 antisemitisch, rassistisch oder gewaltverherrlichend gewesen. Es wurden strafrechtliche Ermittlungen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und Verbreitung gewalt- und tierpornografischer Schriften eingeleitet.

Die Grünen forderten mit einem Antrag, bei der Polizei für eine moderne Fehlerkultur zu sorgen. Polizisten seien Verteidiger der Verfassung und müssten die Werte der Verfassung hochhalten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Sebastian Striegel (41). "Es braucht einen Untersuchungsausschuss." Es ginge darum, das Wertegerüst der Polizei aufzuarbeiten.

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Auch die Linke zeigte sich offen für einen Untersuchungsausschuss. Die Abgeordnete Henriette Quade (38) sagte, man müsse die strukturellen Probleme ernst nehmen, die Aufarbeitung könne nicht allein im Innenausschuss erfolgen.

Sachsen-Anhalts Landtag uneinig über Konsequenzen für die Täter

Der AfD-Abgeordnete Hagen Kohl (54) lehnte einen Untersuchungsausschuss ab.
Der AfD-Abgeordnete Hagen Kohl (54) lehnte einen Untersuchungsausschuss ab.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Die größte Oppositionsfraktion, die AfD, lehnte einen Untersuchungsausschuss dagegen ab. Die Instrumente zur Aufklärung seien ausreichend, sagte der Abgeordnete Hagen Kohl (54). Er bezeichnete die Polizei als "die wohl rechts- und verfassungstreueste Berufsgruppe".

Vertreter der schwarz-rot-gelben Koalition setzten sich ebenfalls für eine Aufklärung ein. Sie machten aber auch deutlich, dass sie die Ermittlungen abwarten wollen.

Während laufender Ermittlungsverfahren bekomme man als Untersuchungsausschuss gar keine Akten, sagte Guido Kosmehl (47, FDP). Er warf den Grünen vor, einen "Popanz" aufzuführen.

Chris Schulenburg (42, CDU) sagte, in jedem Unternehmen gebe es schwarze Schafe, das könne man auch in der Polizei nicht vollständig ausschließen. Es dürfe jedoch keine Generalverdächtigungen geben.

Rüdiger Erben (55, SPD) forderte Reformen an der Fachhochschule der Polizei. Es müsse besser vermittelt werden, dass man als Polizist nicht irgendeinen Beruf ausübe. Es müsse ein besonderes Berufsethos vermittelt werden. "Da müssen wir mehr Ressourcen einsetzen."

Titelfoto: Bildmontage: 123RF/nito500, Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

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