Fallzahlen explodieren: Immer mehr Ermittlungen wegen Kinderpornografie in Bayern

Bamberg - In Bayern wird immer häufiger wegen Kinderpornografie im Netz ermittelt - und ein Ende des Anstiegs ist nicht absehbar.

Noch mehr Technik, noch mehr Geräte, noch mehr Verbreitung: Die Gründe für die steigenden Zahlen sind vielseitig.
Noch mehr Technik, noch mehr Geräte, noch mehr Verbreitung: Die Gründe für die steigenden Zahlen sind vielseitig.  © 123RF/microgen

"Die Verfahrenszahlen sind 2022 - das muss man so drastisch sagen - weiter explodiert. Wir hatten bereits von 2020 auf 2021 eine Verdreifachung der Zahlen", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Goger, stellvertretender Leiter der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) in Bamberg, der Deutschen Presse-Agentur.

"Ein Ende ist in diesem Bereich leider noch nicht absehbar. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung."

2020 registrierte die Zentralstelle nach Gogers Angaben 1122 Verfahren, Ende 2021 waren es 3236.

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Bis Ende 2022 waren bereits knapp 4800 Verfahren gegen namentlich ermittelte Täter erfasst. Die Zentralstelle Cybercrime ist die bayerische Spezialstaatsanwaltschaft für Kriminalität im Internet, installiert wurde sie 2015.

Die hohen Fallzahlen sieht Goger als Erfolg der Ermittler - jedoch gebe es auch mehr einschlägiges Material im Netz. "Es sind beide Gründe: Erstens unternehmen wir natürlich enorme Anstrengungen - personell und technisch - um Täter aus der Anonymität herauszufiltern. Das gelingt immer besser. Und da, wo es nicht gelingt, hängt es oft an der unzureichenden Verkehrsdatenspeicherung in Deutschland."

Der zweite Grund sei aber auch, dass mehr Material kursiere: "Durch die Allverfügbarkeit von digitaler Technologie - jeder hat sein Smartphone dabei, Kommunikationsdienste gibt es wie Sand an Meer - ist es leichter geworden, an Kinderpornografie zu kommen und diese mit anderen zu teilen."

Zudem starte ein Großteil der Ermittlungen mit Meldungen US-amerikanischer Social-Media-Provider. "Möglicherweise sind auch deren Techniken, Kinderpornografie in den Netzen und Speichern zu entdecken, besser geworden."

Wegen fehlender Speicherung kommen potenzielle Real-Welt-Täter davon

Innerhalb der letzten zwei Jahre haben sich die registrierten Fälle der Zentralstelle Cybercrime Bayern mehr als vervierfacht.
Innerhalb der letzten zwei Jahre haben sich die registrierten Fälle der Zentralstelle Cybercrime Bayern mehr als vervierfacht.  © Rolf Vennenbernd/dpa

Es sei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralstelle natürlich sehr belastend, das Material zu sichten, sagte Goger.

Frustrierend seien Fälle wie ein Beispiel aus dem vergangenen September: Die Zentralstelle hatte die Echt-IP eines Beschuldigten ermittelt und hätte so die Chance gehabt, ihn zu identifizieren.

"Er hat sich über einen Filesharing-Dienst stundenlange, extrem harte und verstörende kinderpornografische Videos heruntergeladen - Material, das bei uns niemanden kalt lässt. Es liegt die Vermutung nahe, dass durch jemanden, der sich dieses Material beschafft, eine echte Gefährdung auch in der realen Welt besteht."

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Wegen der fehlenden Verkehrsdatenspeicherung waren die Daten aber beim Provider nicht mehr gespeichert.

"Das sind Fälle, die eigentlich besonders frustrieren, weil es ein Täter ist, bei dem wir große Sorgen haben. Aber wir haben keine Chance, an ihn ranzukommen", sagte Goger.

Im vergangenen Jahr zeigte sich für die Ermittlerinnen und Ermittler, dass zunehmend gehackte Facebook-Konten für die Verbreitung von Kinderpornografie genutzt werden.

"Alleine in diesem Bereich sind es rund 700 Fälle von bayerischen Bürgerinnen und Bürgern, deren Konten übernommen und von deren Konten dann Kinderpornografie gepostet wurde", sagte Goger. "Diese gehackten Facebook-Konten sind ein bemerkenswertes Phänomen, das wir aus den Vorjahren nicht kannten - zumindest nicht in diesem Umfang."

Die Zentralstelle kümmere sich darum, diese Hacking-Fälle auch zu erkennen - damit nicht die arglosen Facebook-Nutzer ins Visier geraten. Denn sie seien schließlich auch Opfer einer Straftat geworden.

Titelfoto: Rolf Vennenbernd/dpa

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