Bayerns Kabinett im Zeugenstand: Masken-Ausschuss auf Zielgeraden

München - Im Masken-Untersuchungsausschuss des Landtags beginnen am heutigen Montag die abschließenden Zeugenvernehmungen einer Reihe hochrangiger Politiker. Mehrere Minister und am Ende auch Ministerpräsident Markus Söder (55, CSU) müssen den Abgeordneten in den verbleibenden Adventswochen Rede und Antwort stehen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (55, CSU) muss im Untersuchungsausschuss ebenfalls Rede und Antwort stehen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (55, CSU) muss im Untersuchungsausschuss ebenfalls Rede und Antwort stehen.  © Christoph Schmidt/dpa

So sind nacheinander Innenminister Joachim Herrmann (66), Staatskanzleichef Florian Herrmann (50), Ex-Staatssekretär Gerhard Eck (62) und am späten Nachmittag Gesundheitsminister Klaus Holetschek (58, alle CSU) entsprechend geladen.

In der Woche darauf stehen darüber hinaus die frühere Gesundheitsministerin Melanie Huml (47, CSU), Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (51, Freie Wähler) und zum Abschluss am 16. Dezember Ministerpräsident Söder selbst auf der Zeugenliste.

Ziel des Ausschusses war und ist es insbesondere, Masken-Geschäfte der Staatsregierung in der Corona-Pandemie, mögliche Beteiligungen von Politikern und teils hohe Provisionszahlungen auch an Abgeordnete aufzuklären - wobei die Provisionen von beteiligten Firmen kamen.

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Tiefgreifende Konsequenzen hatte es schon ganz ohne den Ausschuss gegeben. Die langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter (72) und Georg Nüßlein (53), die zu Beginn der Corona-Pandemie für die Vermittlung von Masken-Geschäften üppige Provisionen kassierten, mussten ihre Parteiämter abgeben.

Nüßlein trat aus der CSU aus und sitzt heute auch nicht mehr im Bundestag, Sauter musste die CSU-Landtagsfraktion verlassen. Juristisch sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Bestechlichkeit nicht als erfüllt - weil die Abgeordneten dazu im Parlament selbst hätten tätig werden müssen. Beide betonten stets, in ihren Rollen als Anwälte agiert zu haben.

Andrea Tandler hat vor dem Masken-Untersuchungsausschuss die Aussage verweigert

Andrea Tandler (39) kam zur Sitzung des Masken-Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag zur Zeugenvernehmung.
Andrea Tandler (39) kam zur Sitzung des Masken-Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag zur Zeugenvernehmung.  © Peter Kneffel/dpa

Als Konsequenz aus der Maskenaffäre gelten in Bayern inzwischen verschärfte Regeln für Abgeordnete. Nebentätigkeiten sind demnach zwar nicht generell verboten. Untersagt sind jedoch bezahlte Lobbytätigkeiten für Dritte bei Staatsregierung, Landtag und weiteren Behörden.

Auch der Verkauf und die Vermittlung von Immobilien, Waren und Dienstleistungen für Dritte bei den Organen und Behörden sind den Parlamentariern nun verboten.

Die umfangreichen Zeugenvernehmungen der vergangenen Monate gewährten indes auch tiefe Einblicke ins Corona-Management zu Beginn der Corona-Krise: So groß die Not und so groß der Mangel an Masken und anderer Schutzausrüstung waren, so hektisch und unkoordiniert liefen viele entsprechende Prozesse in den ersten Wochen.

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Das führte mit dazu, dass für Masken teils immense Preise gezahlt wurden. Kräftigst verdient haben soll die Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler (86), Andrea Tandler (39), die im Ausschuss die eigene Aussage bereits verweigerte.

Ausgerechnet viele dieser Schutzmasken hätten nach Einschätzung zweier Gutachter wegen unzureichender Zertifikate nicht in Verkehr gebracht oder an medizinisches Personal abgegeben werden dürfen - auch das kam bei Zeugenvernehmungen im Ausschuss heraus.

Ausschuss-Chef Winfried Bausback nimmt Behörden in Schutz

Letztlich zeigten die Befragungen auch: Viele Beamte und andere Beteiligte arbeiteten damals bis an den Rand der Erschöpfung. So etwas wie die Corona-Krise hatte es schlicht auch noch nie gegeben. Und viele - auch prominente Politiker - gaben damals Tipps zu möglichen Masken-Lieferanten an die zuständigen Stellen weiter. Ohne dafür Geld zu verlangen oder zu bekommen. Kassiert - und damit faktisch an der Corona-Not verdient - haben nur einige wenige.

Das Zwischenfazit von Koalition und Opposition fällt unterschiedlich aus.

Der Vize-Ausschussvorsitzende Florian Siekmann (27, Grüne) beklagt, statt auf ein robustes Beschaffungssystem habe die Staatsregierung zu Beginn der Krise "vor allem auf einzelne Amigo-Angebote gesetzt". Selbst fachliche Einwände seien im Einzelfall übergangen worden. Ausschusschef Winfried Bausback (57, CSU) nimmt die Behörden dagegen in Schutz: Beamte und ehrenamtliche Helfer hätten ihr Bestes gegeben, um schnellstmöglich geeignete Schutzausrüstung zu beschaffen.

"Hätte man damals nach den Maßstäben der Opposition gearbeitet, wären Rettungsdienste und Kliniken gänzlich ohne Masken geblieben und hätten reihenweise geschlossen werden müssen", sagt Bausback. Er sagt aber auch klar, es bestätigt worden sei, dass sich einige wenige "eigennützig bereichert" hätten. "Dies verurteilen wir entschieden. Es ist moralisch verwerflich und in höchstem Maße unanständig - unabhängig von der juristischen Wertung."

Titelfoto: Christoph Schmidt/dpa

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