Als Chemnitz seinen Namen wiederbekam

Von Ronny Licht
Chemnitz - 9. Mai 1953: Kurz nach 12 Uhr erblickt Wolfgang Kandt das Licht der Welt. Kurz darauf verkündet DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl (1894-1964) vor 150 000 Menschen in der Innenstadt die Umbenennung in Karl-Marx-Stadt.
Als letzter Chemnitzer geboren, in Karl-Marx-Stadt aufgewachsen, in Chemnitz bald in Rente - für Wolfgang Kandt (62) war die Feierstunde zum Namenswechsel gestern vorm Rathaus eine persönliche Zeitreise. „Die Rückbenennung vor 25 Jahren war ein großes Ereignis.“
Auf dem Podium diskutierten OB Barbara Ludwig (53, SPD) und der Alt-OB von Karl-Marx-Stadt, Eberhard Langer (80, Die Linke). Ludwig erinnerte sich: „Ich studierte damals an der Karl-Marx-Universität in Leipzig und habe mich über den neuen Stadtnamen gefreut. Er war markant genug, um dem Schatten von Leipzig und Dresden zu entkommen.“
Als die DDR 1989 zusammenbrach, wurden die Stimmen nach „Chemnitz“ lauter. Einer der Aktivisten war Claus Modaleck (75): „Wir sammelten 40.000 Unterschriften für die Bürgerbefragung.“ Mit Erfolg: 145.527 Einwohner - 76,14 Prozent - stimmten letztlich für „Chemnitz“.
Mit saurer Miene verfolgte Harald Krause (61) das Bühnen-Geschehen. Der Ex-CDU-Stadtrat kämpfte ebenfalls für die Umbenennung: „Da oben sitzen die falschen Leute. Herr Modaleck war nur ein Trittbrettfahrer. Und Herr Langer wollte den Namen Chemnitz lange Zeit verhindern."
Versöhnliche Worte fand die OB: „Wir hatten nach der Umbenennung wieder Flügel, welche vorher gestutzt waren. Ich bin stolz, wie gelassen Chemnitz mit diesem Teil der Geschichte umgeht.“

Fotos: Sven Gleisberg, Archiv