Hier verdient man in Sachsen am meisten

Dresden/Annaberg - Warum verdient der Erzgebirger 823 Euro weniger als der Dresdner? Und warum liegt der Durchschnitts-Sachse beim Brutto-Lohn 761 Euro unter dem Durchschnitts-Deutschen?
Statistiken der Arbeitsagentur legen ein erhebliches Lohngefälle zwischen Annaberg und Altona offen. Eine sächsische Bundestagsabgeordnete sieht darin politischen Sprengstoff.
Das Erzgebirge ist mit einem monatlichen Brutto-Entgelt von 2036 Euro das Armenhaus Deutschlands. Den zweiten Platz im traurigen Ranking nimmt mit dem Kreis Görlitz (2068 Euro) ebenfalls eine sächsische Region ein.
Zum Vergleich: Die Einkommenskönige leben mit 4610 Euro in den Autometropolen Wolfsburg und Ingolstadt (4545) sowie in der Chemie-Stadt Ludwigshafen (4491 Euro).
Für die Vergleichszahlen werden die monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten herangezogen. Daraus wird der so genannte Median ermittelt - die Ausreißer nach oben und unten werden gestrichen, damit das Ergebnis nicht verfälscht wird.

Aus Sachsen fließen die Löhne von etwa einer Million Arbeitnehmern und Angestellten ein. So wird in Sachsen ein erhebliches Stadt-Land-Gefälle sichtbar.
Während Dresden (plus 536 Euro!), Leipzig, Chemnitz und der VW-Standort Zwickau über dem sächsischen Schnitt (2323 Euro) liegen, sind die Gehälter besonders in Grenznähe äußerst dürftig. Lohnunterschiede zwischen einzelnen Regionen und Bundesländern kann man auf verschiedene Wirtschafts- und Betriebsgrößenstrukturen zurückführen.
Klaus-Peter Hansen, Chef der Landesarbeitsagentur: „Große Betriebe sind oft tarifgebunden - meist mit höheren Löhnen - , kleinere hingegen weniger.“
Das Erzgebirge hat zwar eine hohe Industriedichte, doch nahezu ausschließlich kleinere Firmen. In den Städten hingegen gibt es auch größere Firmen, Behörden und Forschungseinrichtungen mit Spitzengehältern.
Sachsen mit akademischem Abschluss verdienen mit 3970 Euro erheblich mehr als Leute mit anerkanntem Abschluss (2156) oder ohne Abschluss (1802 Euro).

Hansen: „Deshalb setzen wir weiter auf Qualifizierung.“ Im Ländervergleich hievt sich Sachsen - nur mit Hilfe der „Hochlohnstädte“ Dresden und Leipzig - auf den drittletzten Platz vor Thüringen (2300 Euro) und Mecklenburg (2249).
Hansen: „In Sachsen sind auch weniger Konzernsitze und Forschungsabteilungen angesiedelt als in westlichen Regionen.“ Das macht schon einiges aus.
Spitzenreiter sind Hamburg (3488 Euro) sowie Baden-Württemberg (3411 Euro). „Es ist ein Skandal“, sagt Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (Linke), „dass insbesondere der Osten weiterhin so deutlich abgehängt ist.“
Es sei ein Scheinargument, wenn geringere Lebenshaltungskosten angeführt würden. „Im Erzgebirge kostet das Auto oder der Einkauf nicht die Hälfte weniger als in Altona.“
Abhilfe brächte die Stärkung der Tarifbindung - und da sei die Bundesregierung in der Pflicht.


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