Katalonien-Krise: Fast alle Regierungsmitglieder abgehauen!

Madrid/Barcelona - Im katalanischen Politthriller überschlagen sich die Ereignisse: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Kataloniens separatistischen Ex-Regierungschef Puigdemont. Doch der hat sich wohl abgesetzt - und fast alle seine Minister ebenfalls.
Der von der spanischen Zentralregierung entmachtete und wegen Rebellion angeklagte Ex-Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont, hat sich laut Medienberichten nach Belgien abgesetzt.
Die Flucht zeuge "von Verzweiflung", sagte der Chefkoordinator der Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, Fernando Martínez Maíllo, am Montag.
Die Zeitung "La Vanguardia" schrieb, Puigdemont und andere katalanische Politiker hielten sich in Brüssel auf. Dort wollten sie sich demnach am Nachmittag eventuell äußern.
Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Martínez Maíllo sagte zu den Berichten über die Flucht: "Ja, das ist anscheinend bestätigt."
Am Sonntag hatte der nationalistische belgische Politiker Theo Francken, der Staatssekretär für Asyl und Migration ist, sein Land als möglichen Zufluchtsort für Puigdemont ins Spiel gebracht.
Regierungschef Charles Michel hielt ihn allerdings gleich an, "kein Öl ins Feuer zu gießen".

Die spanische Staatsanwaltschaft hatte zuvor Anklage gegen den Ex-Regierungschef und weitere Angehörige der abgesetzten Regierung erhoben. Die Vorwürfe lauteten unter anderem auf Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder.
Man schließe aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Maßnahmen - also Inhaftierung und anschließende U-Haft - aus, betonte Generalstaatsanwalt José Manuel Maza in Madrid.
Sollten Puigdemont und die übrigen Angeklagten wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.
Zum Zeitpunkt der Pressekonferenz von Maza war unklar, wo Puigdemont sich aufhielt. Er hatte sich am Morgen lediglich mit einem Bild des Regierungspalasts in Barcelona und einem "Guten Morgen"-Gruß im sozialen Netzwerk Instagram zu Wort gemeldet.
Die EU-Kommission lehnte es am Montag erneut ab, sich ohne Aufforderung der spanischen Zentralregierung in die Krise einzumischen. Ein Sprecher sagte, er sehe in dem Konflikt "keine Rolle" der Brüsseler Behörde.
Neben Puigdemont waren auch die übrigen Mitglieder der Regierung in Barcelona ihrer Ämter enthoben worden. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen.
Wie "Gazeta Wyborcza" erfahren haben will, kam am Montag lediglich der katalanische Entwicklungsminister, Josep Rull, zur Arbeit.
Update 20.15 Uhr: Der in Spanien wegen Rebellion angeklagte katalanische Ex-Regierungschef Carles Puigdemont ist nun nach Belgien ausgereist. Er habe dort am Montag mit einem Anwalt gesprochen, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Abend unter Berufung auf den Juristen.
Fotos: Andrej Sokolow/dpa , undefined