Böhmermann jetzt unter Polizeischutz! ZDF-Sendung abgesagt

Hamburg/Berlin - Die kommende ZDF-Sendung "Neo Magazin Royal" ist abgesagt... Außerdem erhält der Moderator Polizeischutz... Oliver Kalkofe fürchtet im Fall Böhmermann um die Meinungsfreiheit... Medienrechtler Stefan Engels meint, Böhmermann könnte Fall fürs Verfassungsgericht werden.
Aufgrund der hohen medialen Frequenz nimmt Jan Böhmermanns Schmähgedichts-Fall immer größere Ausmaße an: Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Montag Strafantrag gegen Jan Böhmermann wegen dessen Gedicht gestellt.
Nun sagt die "Neo Magazin Royale"-Produktionsfirma "Bildundtonfabrik" auf Facebook die kommende Sendung ab: "Die Produktionsfirma btf GmbH und Jan Böhmermann haben entschieden, die für Donnerstag geplante nächste Ausgabe von Neo Magazin Royale nicht zu produzieren. Grund ist die massive Berichterstattung und der damit verbundene Fokus auf die Sendung und den Moderator. Die Entscheidung erfolgte in Abstimmung mit dem ZDF."
Auch Satiriker Oliver Kalkofe (50) macht sich wegen der Diskussion um die Strafverfolgung Jan Böhmermanns Sorgen um das Recht auf Meinungsfreiheit. "Diese ganze vollkommen absurde Staatsaffäre um die kleine poetische Verbal-Entgleisung des dünnen blassen Jungen weitet sich gerade zu einer der bizarrsten, erschreckendsten und für unsere Meinungs- und Redefreiheit auch gefährlichsten Diskussionen seit langem aus", schrieb Kalkofe auf Facebook.
Man müsse die Aktion von Böhmermann nicht mögen, man dürfe sie sogar komplett misslungen finden.

Wichtig sei, dass man den Fall Böhmermann deshalb nicht zur Staatsaffäre machen dürfe. Denn bei einem Prozess stände das Recht auf Satire und Meinungsfreiheit an sich vor Gericht. "Es ist vollkommen egal, was der einzelne von Böhmermanns Gedicht hält. Es ist ebenso egal, ob es Satire ist oder nicht. Denn ja: es ist bewusst verletzend, böse und qualitativ kein Stabhochsprung", schreibt Kalkofe.
"Sollte es aber auch niemals sein. Denn die satirische Plattform der ganzen Geschichte war niemals das unsinnigerweise immer wieder rezitierte und vollkommen unwichtige Gedicht, sondern die Aktion darum herum."
Was gerade passiert, sei einfach unfassbar, traurig und so unendlich dumm und nicht durchdacht. "Eigentlich ist es in seiner Absurdität fast schon wieder lustig... aber darf man darüber lachen, wenn das Recht auf Satire getötet wird?"
Laut einer Umfrage ist die Mehrheit in Deutschland übrigens gegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. 54 Prozent der Befragten finden laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov die Ermittlungen gegen den Satiriker "ganz und gar nicht angemessen". Lediglich sechs Prozent befürworten diese.
Ist die Affäre ein Fall fürs Bundesverfassungsgericht? Der Hamburger Medienrechtler Stefan Engels meint: "Mit Sicherheit. Ich habe einen Fall in dieser Zuspitzung noch nicht erlebt. Wie Böhmermann Grenzen aufzeigt, ist hochpolitisch und macht die Intervention zum Teil der Satire.
Am Ende des Tages muss Karlsruhe hier möglicherweise Grenzen neu definieren."
Update 17.05 Uhr: Die Hamburger Morgenpost berichtet, dass bei der Kölner Polizei Experten der Abteilung für Staatsschutz eine Gefährde-Analyse durchgeführt haben. Ergebnis: Ab sofort wird der Erdogan-Kritiker unter Polizeischutz gestellt.
Demnach bestätigte ein Polizeisprecher, dass Böhmermann nun „rund um die Uhr“ bewacht werde. Ein Streifenwagen steht jetzt ständig vor seiner Wohnung, da man zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen könne, dass der Satiriker und TV-Moderator Opfer eines Angriffs wird.
Fotos: imago