Hunderte bei Beerdigung des getöteten slowakischen Journalisten
Nach Mord an Jan Kuciak und seiner Verlobten lässt Polizei Verdächtige wieder frei
Bratislava - Nach dem Doppelmord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak (†27) und seiner Verlobten Martina Kusnirova (†27, TAG24 berichtete) in der Slowakei hat die Polizei mehrere Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen. Mindestens sieben Menschen kamen frei, bestätigte die Polizei der slowakischen Nachrichtenagentur TASR.

Die Behörde musste sie demnach binnen 48 Stunden aus der U-Haft entlassen. Weitere Angaben wollte die Polizei nicht machen. Laut slowakischen Medienberichten handelte es sich alles um Italiener, die im Zusammenhang mit den Mordermittlungen an dem Journalisten Jan Kuciak bei Razzien in der Ostslowakei festgenommen worden waren.
Kuciak und seine Verlobte waren in der Nacht zum Montag in ihrem Haus tot aufgefunden worden. Der Journalist hatte über den Filz zwischen Politik und Geschäftemacherei recherchiert (TAG24 berichtete).
Er war dabei möglicherweise in den so genannten Panama-Papers auf mögliche Verbindungen zwischen italienischen Mafia-Clans sowie slowakischen Politikern und Regierungsmitarbeitern gestoßen.
Einer der laut Medienberichten wahrscheinlich festgenommenen Italiener taucht in der unvollendeten letzten Reportage des ermordeten Journalisten als wichtigster Drahtzieher eines mutmaßlichen italienischen Mafia-Netzwerks in der Slowakei auf.
Am Freitagabend hatten Zehntausende Menschen in mehreren slowakischen Städten bei Trauerkundgebungen für Kuciak und seine Verlobte teilgenommen. Allein für Bratislava schätzte die regierungskritische Tageszeitung "Dennik N" die Teilnehmerzahl auf bis zu 25.000.
Vor der slowakischen Botschaft in der Nachbarhauptstadt Prag versammelten sich Hunderte Menschen, um des ermordeten Paares zu gedenken und Kerzen anzuzünden. Auch in mehreren anderen Ländern gab es solidarische Gedenkveranstaltungen.

In Bratislava rief Staatspräsident Andrej Kiska die Anwesenden zum Gedenken auf, verzichtete aber angesichts des bewusst unpolitischen Ziels der Kundgebung auf eine längere Ansprache.
Im Trauerzug waren Transparente gegen die internationale Mafia ebenso wie gegen die politische Elite des Landes zu sehen.
Mehrere Hundert Demonstranten belagerten am Abend den Eingangsbereich des slowakischen Regierungsamtes in Bratislava und forderten den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak. Manche riefen auch den sozialdemokratischen Regierungschef Robert Fico zum Rücktritt auf.
Zwei enge Vertraute Ficos, die nach Recherchen des Ermordeten mit italienischen Mafiagruppen in Verbindung gestanden haben sollen, legten ihre Funktionen im Regierungsamt nieder.
Der schon länger als Kritiker des Innenministers bekannte Kulturminister Marek Madaric hatte zuvor seinen Rücktritt damit begründet, dass er angesichts der Ermordung eines Journalisten nicht ruhig in seinem auch für Medien zuständigen Amt bleiben könne. Weitere Politiker distanzierten sich von der eigenen Regierung.
Der slowakische Mafia-Experte Radovan Branik brachte die Version ins Spiel, der ermordete Kuciak könnte einer riesigen Manipulation im Obersten Gerichtshof der Slowakei auf der Spur gewesen sein. Gekaufte Richter hätten demnach dafür gesorgt, dass ihnen die Entscheidung in finanziell lukrativen Streitfällen zugeteilt würden, womit ein Firmennetzwerk riesige Summen verdient habe.
Der Journalist wurde am Samstagnachmittag in Stiavnik im Norden der Slowakei beigesetzt, er trug dabei seinen Hochzeitsanzug. Martina Kusnirova wurde bereits am Freitag beerdigt - in ihrem Brautkleid. Das Paar wollte im Mai heiraten. Auf der Trauerfeier für Jan Kuciak wurde auch ein Gedicht vorgelesen, dass er für die Hochzeit vorbereitet hatte. Hier geht es zum Kondolenzbuch für Jan Kuciak.


Fotos: Dalibor Glück/CTK/dpa, Dalibor Glück/CTK/dpa