
Kritik an Polizei-Einsatz in Chemnitz: "Das ist ein schlechtes Zeichen für den starken Rechtsstaat"
Städtebund kritisiert Unterbesetzung der Polizei in Chemnitz
Berlin/Chemnitz - Der Städte- und Gemeindebund hat die von der Polizei eingeräumte Unterbesetzung bei den jüngsten Demonstrationen in Chemnitz kritisiert.

"Das ist ein schlechtes Zeichen für den starken Rechtsstaat", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem "Handelsblatt" vom Dienstag. "Hier müssen die Konzepte nachgebessert werden, damit sich derartige Ereignisse nicht wiederholen."
Bei neuen Protesten rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt waren am Montagabend mindestens sechs Menschen verletzt worden. Auslöser dafür war, dass ein 35 Jahre alter Deutscher durch Messerstiche getötet worden war, gegen einen Syrer und einen Iraker ergingen Haftbefehle.
Ein Polizeisprecher räumte am Montagabend Personalmangel in den eigenen Reihen ein.
HIER könnt Ihr den Live-Ticker der Demos vom Montagabend nochmal nachlesen.
Polizeigewerkschaft bewertet Einsatz in Chemnitz positiv
Kesselsdorf/Chemnitz - Die Gewerkschaft der Polizei in Sachsen (GdP) hat den Einsatz der Polizei in Chemnitz positiv bewertet. "Die Beamten haben als menschlicher Puffer zwischen zwei rivalisierenden und zum Teil sehr aggressiven Gruppen hervorragende Arbeit geleistet", sagte der GdP-Landesvize Torsten Scheller am Dienstag.
Es gelte aber den Einsatz exakt auszuwerten und sich die Frage zu stellen, ob man sich in Zukunft wieder so aufstellt. Scheller sprach von etwa 2000 angemeldeten und erwarteten Demonstranten. "In der Spitze waren es aber wohl eher 7000 Menschen." Die Aufrufe der Polizei zur Ruhe und Friedlichkeit und das Auffahren der Wasserwerfen in kritischen Momente hätten deeskalierend gewirkt.
Kritisch sieht die GdP-Sachsen jedoch die örtliche Nähe der beiden Kundgebungen in Chemnitz. Die rivalisierenden Gruppen standen sich gegenüber, lediglich von einer Straße und einigen Hundert Polizisten getrennt. "Wenn das Versammlungsgesetz beiden Gruppen ein Recht auf Demonstrationen und Kundgebungen in Sicht- und Hörweite einräumt, dann muss die Polizei aber auch entsprechend ausgestattet werden", betonte Scheller. Alleine in Sachsen seien zwischen 2006 und 2016 bei der Polizei 2500 Stellen gestrichen worden.
Fotos: Sven Gleisberg