Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Auch Migranten haben Angst
Chemnitz - Die Stadt ist tief gespalten. Wie tief der Riss durch Chemnitz ist, beschreibt die Migrationsbeauftragte Etelka Kobuß (49) so: "Wir sind alle vorsichtiger geworden."

Ein Patentrezept hat sie auch nicht. Aber einen Ansatz, die Gräben wieder zu schließen. "Menschen wollen keine Gewalt. Egal, welche Herkunft oder Hautfarbe. Das ist der gemeinsame Nenner."
Es gebe ausländische Studenten, die sich nach einer anderen Uni umsehen. Syrische Eltern, die ihre Kinder nach der Schule abholen und nicht mehr draußen spielen lassen. Nicht nur Deutsche haben Angst in der Stadt. Auch Ausländer. Ein Stimmungsbild nach der Tötung von Daniel H. (†35).
Der indische TU-Student Saif Shaik (27) erlebte die Demonstrationen live mit und "hatte Angst vor der schreienden Menge". Doch generell fühlt er sich sicher in der Stadt: "Hier ist so viel Polizei. Wenn mir etwas passiert, bekomme ich sofort Hilfe."
"Ich gehe hier weiter einkaufen, laufe auch nachts durch die Stadt - für mich hat sich in Chemnitz nichts verändert", sagt Mahfujur Rahaman (32), Mitarbeiter aus Bangladesh am TU-Institut für Physik. Er weiß: "Die Demos waren nicht der Normalfall, Chemnitz ist keine rechte Stadt."
Große Angst vor Übergriffen

Als schlimm erlebte der syrische Händler Emad Al Khlidy (50) die Krawalle am Nischel. Doch Sorgen um seine Sicherheit macht er sich nicht: "Ich habe den Krieg in Syrien erlebt. Da habe ich doch in Chemnitz keine Angst!"
Große Angst vor Übergriffen hat Madiha Tajouri (42) aus Libyen. Gleichzeitig wundert sie sich über die Scheinheiligkeit vieler Rechter: "Der Mord an Daniel war nicht die Schuld der vielen Ausländer. Doch die Nazis werfen alle in einen Topf. Gleichzeitig kaufen sie bei Ausländern ein. Das passt nicht."
Kostadin Velkov ist "Arbeitsmigrant". Für den 29-jährigen Bulgaren, der als Innenverteidiger beim CFC spielt, hat sich nicht viel verändert:
„Chemnitz war und ist eine lebenswerte Stadt, in der wir ausländischen Spieler, unsere Familien und Kinder gerne wohnen. Die Fans im Stadion stehen wie eine Wand hinter uns. Das macht uns sehr stolz.“



