Frühling mitten im Winter: So leidet Chemnitz unter zu hohen Temperaturen
Chemnitz - Der Winter hat Halbzeit - doch statt Schneeflocken fliegen die ersten Pollen, statt Eiszapfen gibt's Frühblüher. Der Januar war bisher rund fünf Grad zu warm. Die milden Temperaturen bringen die Natur um ihre Winterruhe und die ersten Allergiker zum Niesen.

Im Botanischen Garten entfalten nicht nur Schneeglöckchen und Winterlinge bereits ihre Knospen. Auch Gänseblümchen und Rote Taubnessel blühen schon. "Das sollten diese Arten eigentlich erst im April tun", sagt der Gärtnerische Leiter Lutz Schäfer (54). "Die Natur ist total durcheinander."
Mit Sorge betrachten die Pflanzenkundler des Botanischen Gartens auch Bäume und Sträucher: "Einige Sträucher wie Heckenkirsche oder Schneeball treiben schon Blätter. Die Bäume stehen im Saft, obwohl sie eigentlich Winterruhe halten sollten. Wenn jetzt plötzlich Frost kommt, könnten die Stämme aufplatzen und junge Triebe erfrieren."
Die erste Januarhälfte war gegenüber dem langjährigen Mittel rund fünf Grad zu warm, frostige Tage eine Seltenheit. "Die Durchschnittstemperaturen liegen in Chemnitz eigentlich bei minus 1,2 Grad", sagt Meteorologe Torsten Lehne (52) vom Deutschen Wetterdienst. "Fast fünf Grad mehr ist schon sehr viel."
Die fehlende Kälte verkürzt auch die Ruhephase für Pollenallergiker. Die Chemnitzer Referenzstation für den Polleninformationsdienst hat bereits Ende Dezember den ersten Pollenflug registriert.
"Die neue Saison hat ungewöhnlich früh begonnen", sagt Mario Hopf (59) von der Landesuntersuchungsanstalt. Schon Dezember flogen die ersten Erlenpollen, seit Januar auch Hasel." Zweimal wurden Werte erreicht, die für Allergiker bereits spürbar sind.
"Am 30. Dezember gab es eine mäßige Belastung durch Erlenpollen, am 10. Januar bei Hasel. Wir haben Werte gemessen, bei denen Allergiker schon die ersten Reaktionen zeigen", so der Umweltmediziner.
So überlebt Euer Garten

Es klingt paradox: Wenn Ihr Eurem Garten etwas Gutes tun wollen, wässern Sie ihn in diesem Winter.
Das schützt die Pflanzen, wenn der Februar doch noch strengen Frost bringen sollte.
Wolfgang Berthold (63), Leiter des Botanischen Gartens: "Der Boden ist nur oberflächlich feucht. Ab 40 Zentimeter Tiefe fehlt nach wie vor das Wasser. Wir haben das mit einer Bodensonde gemessen. Feuchtigkeit im Boden wirkt wie ein Frostschutz, weil wassergetränkte Erde nicht kälter als minus 2 Grad wird."
Fehlt dieser Schutz, erfrieren die Pflanzen. Gefährdet sind vor allem Obstbäume und die immergrünen Rhododendren.



