Nach Verdi-Streik: Müssen Eltern höhere Kitabeiträge bezahlen?

Chemnitz - Mehr Geld für den öffentlichen Dienst - Müssen jetzt Eltern für die Kita-Betreuung tiefer in die Tasche greifen? Wahrscheinlich, denn in Chemnitz steigen die Personalkosten um zehm Millionen Euro über den Plan.
750 Erzieherinnen in kommunalen Chemnitzer Kitas erhalten 4,75 Prozent mehr - dank des Verdi-Abschlusses mit dem Bund und Kommunen.
Wird deshalb die Kita-Betreuung für Eltern teurer? Bange Frage. Vage Antwort: Sozialbürgermeister Philipp Rochold (53, parteilos) kann „keine Garantie abgeben, dass die Elternbeiträge nicht erhöht werden.“
Durch den Tarif-Abschluss steigen auch die Personalausgaben der Stadt Chemnitz:

„Der Tarifabschluss verursacht 2016 im Vergleich zum Vorjahr Mehrkosten von 3,3 Millionen Euro und 2017 von 7,7 Millionen Euro.“
Kitas finanzieren sich aus drei Töpfen: Einem Zuschuss des Landes, einem Anteil der Stadt und den Elternbeiträgen. Die müssen in der Krippe zwischen 20 und 23 Prozent der Gesamtausgaben decken, in der Kita zwischen 20 und 30 Prozent.
Steigen die Gesamtausgaben, gehen auch die Eltern-Anteile nach oben.
Dem will Linken-Stadtrat Jörg Hopperdietzel (51) einen Riegel vorschieben. „Die Elternbeiträge wurden letztmalig 2011 verändert.“ Die Verwaltung müsse andere Finanzquellen finden. „Ziel muss es sein, Eltern nicht zusätzlich zu belasten.“
Das sieht auch AfD-Stadtrat Falk Müller (40) so. „Die Landesregierung ist in der Pflicht, Kommunen und Eltern finanziell zu entlasten. Eine Erhöhung werden wir ablehnen.“
Ein Kommentar von Torsten Schilling
Bitterer Beigeschmack
Nicht die Letzten, sondern die Mitte beißen die Hunde. Dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst mehr Geld kriegen, geht in Ordnung. Auch Kita-Erzieherinnen machen einen guten, vor allem einen wertvollen Job.
Die Folgen müssen aber wohl wieder einmal jene Eltern tragen, die ihren Lebensunterhalt selber bestreiten. Denn die Kita-Beiträge für rund ein Drittel aller Chemnitzer Kinder (5 400 von 17 400 Kita-Kindern) übernimmt heute schon der Staat, weil die Eltern Hartz IV beziehen.
Und die Stadt wird sich die seit 2011 konstant gehaltenen Elternbeiträge auf Dauer nicht leisten können.
Es ist gut, dass Chemnitz fünf Jahre lang steigende Ausgaben für Löhne und Gehälter oder für die Energie ausgeglichen hat. Bei den finanziellen Herausforderungen dieser Tage könnte aber auch Chemnitz überfordert sein.
Steigende Elternbeiträge für die Kita-Betreuung ihrer Sprösslinge dürften nur noch eine Frage der Zeit sein. Jeder Erzieherin sei ihr Plus in der Lohntüte gegönnt. Ein bitterer Beigeschmack bleibt aber.
Fotos: Heinz Patzig, dpa