Guten Rutsch! Bei dieser sächsischen Firma läuft's richtig glatt

Döbeln - Ob Katar, Südafrika oder die USA - ein Döbelner Unternehmen liefert Rutschen in alle Welt. Seit mehr als 25 Jahren ist die Atlantics GmbH schon im Geschäft. Die längste Rutsche des Schwarzwalds und sogar Deutschlands größtes Rutschen-Terminal im Sonnenlandpark bei Chemnitz entstanden in den Hallen der hierzulande wenig bekannten Firma.

Ganze 186 Meter Rutschvergnügen! Europas längste Röhren-Rutsch-Partie gibt's am Baumkronenweg Waldkirch im Schwarzwald.
Ganze 186 Meter Rutschvergnügen! Europas längste Röhren-Rutsch-Partie gibt's am Baumkronenweg Waldkirch im Schwarzwald.  © Petra Hornig

Palmen zieren das Logo des Döbelner Rutschen-Herstellers "Atlantics". René Clausnitzer (49), einer der drei Firmengründer: "Ursprünglich wollten wir ja Spielwaren aus Fernost per Frachtschiff über den Atlantik importieren und hier verkaufen." Und in Singapur, Taiwan oder Hongkong wüchsen eben Palmen. Doch dann kam alles ganz anders.

Damals, 1992, steckte das Gründer-Team die Köpfe zusammen. Man kannte sich aus der Finanzbranche. Nach der Wende arbeitslos geworden, suchten sie neue Perspektiven. An Ideen mangelte es nicht, aber am Kapital. Denn die Asiaten wollten ihr Spielzeug aus der Massenproduktion nur containerweise verkaufen. Die Rechnung ging nicht auf.

Interessenten für Wippe, Schaukel und Federtier gab es aber trotzdem; auch Rutschen waren gefragt. Also änderte die blutjunge Firma ihr Geschäftsmodell. Statt nach Fernost zu schielen, suchten die Macher nun um die Ecke. Hersteller für Spielplatz-Ausstattungen waren schnell gefunden. Der erste wirtschaftliche Erfolg stellte sich ein.

So langsam ins Rutschen kam das Ganze 1996. Die Stadtverwaltung Alsleben (Sachsen-Anhalt) wollte eine Evakuierungsrutsche für einen Kindergarten - und zündete damit eine Vorreiter-Idee! "Das war ein Pilotprojekt", erzählt René Clausnitzer. Zu diesem Zeitpunkt rechnete noch niemand mit der Verabschiedung des neuen Brandschutzgesetzes.

Doch 1999 war es soweit. Plötzlich mussten alle Kitas, Schulen und öffentliche Einrichtungen einen zweiten Fluchtweg haben.

Statt Fluchttreppe gibt's jetzt eine Evakuierungsrutsche

Mit einem Rohrbandschleifer poliert Rutschenbauer Thomas Seltmann (51) den Handlauf schön glatt.
Mit einem Rohrbandschleifer poliert Rutschenbauer Thomas Seltmann (51) den Handlauf schön glatt.  © Petra Hornig

"Das erste Genehmigungsverfahren war ein langer Weg", erinnert sich Rutschen-Chef Clausnitzer. Heute ist die Evakuierungsrutsche anerkannt. Die Vorteile liegen auf der Hand! "Eine Fluchttreppe ist totes Kapital", sagt er.

Auf einer Evakuierungsrutsche hingegen können Kinder täglich mit viel Spaß für den Notfall üben. Und was geht schließlich schneller, als im Falle eines Feuers in Sicherheit zu rutschen?!

2000 kam die Rutsch-Partie dann richtig in Fahrt. Ein Besitzerwechsel bei der dänischen Herstellerfirma stellte die Weichen. Man wurde sich nicht mehr einig. Atlantics machte aus der Not eine Tugend - und ging selbst in die Produktion.

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"Erst einmal stellten wir hauptsächlich Evakuierungsrutschen und einfache Spielrutschen her." Doch die Werkräume in der ehemaligen Bäckerei in der Mastnerstraße wurden schnell zu eng. Um richtig loslegen zu können, mussten größere Hallen her.

2003 zog Atlantics auf das 8000-Quadratmeter-Betriebsgelände neben dem Dänischen Bettenlager in Döbeln-Ost. Hier in den acht Werkhallen erschlossen sich die Stahlbauer nach und nach auch alle anderen Bereiche. Heute bauen die 42 Mitarbeiter alles von Erlebnisrutschen über Wasserrutschen bis hin zur Paketrutsche.

Und mit dem jüngst verabschiedeten "Gute-Kita-Gesetz" steigt derzeit auch wieder die Nachfrage nach Evakuierungsrutschen.

Stahlbauer dringend gesucht!

Atlantics expandiert - und sucht dringend nach Fachkräften. "Wir würden gerne neue Mitarbeiter in unserer Familie begrüßen", sagt Rutschen-Chef René Clausnitzer. Sechs freie Stellen sind derzeit zu besetzen. Gesucht werden vier Metallbauer, ein Statiker und ein Monteur. Zudem bildet Atlantics seit 2014 auch Lehrlinge aus.

Ab September 2019 seien auch wieder zwei bis drei Azubis denkbar.

Rutschen der Superlative

Deutschlands höchstes Rutschen-Terminal im Sonnenlandpark Lichtenau bei Chemnitz ist nur eines von zahlreichen Prestige-Projekten der Döbelner Rutschen-Könige. Der 30-Meter-Turm mit insgesamt neun Rutschen soll im kommenden März eröffnet werden.

Europas längste Röhrenrutsche steht allerdings nicht in Sachsen, sondern im Schwarzwald. Wer dort den "Baumkronenweg Waldkirch" nach oben gewandert ist, kann entweder wieder zurückwandern - oder rutschen! Etwa 300 bis 400 der geschweißten Edelstahlröhren exportiert Atlantics inzwischen jährlich in mehr als 50 Länder, darunter auch nach Paraguay, Guatemala oder Neukaledonien (Südpazifik).

Bevor die Stahlbauer aktiv werden, entwirft Konstruktionstechniker Stefan Goldammer (35) die Rutschen am Computer.
Bevor die Stahlbauer aktiv werden, entwirft Konstruktionstechniker Stefan Goldammer (35) die Rutschen am Computer.  © Petra Hornig
Mit den Evakuierungsrutschen für Kindertagesstätten (hier Kita Niederdorf in Sachsen) fing alles an.
Mit den Evakuierungsrutschen für Kindertagesstätten (hier Kita Niederdorf in Sachsen) fing alles an.  © PR/Repro: Petra Hornig
Singapurer weihen eine Rutsche der Döbelner Atlantics GmbH ein.
Singapurer weihen eine Rutsche der Döbelner Atlantics GmbH ein.
Inspizieren ihre Rutschen: Firmengründer René Clausnitzer (49, rechts) und Geschäftsführer Thomas Büchel (38).
Inspizieren ihre Rutschen: Firmengründer René Clausnitzer (49, rechts) und Geschäftsführer Thomas Büchel (38).  © Petra Hornig

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