Es tötet Gehirnzellen! Hayalis Anfeindungen gehen ihr zu weit

Berlin - ZDF-Journalistin Dunja Hayali beschreibt in einem neuen Buch Anfeindungen und Hass, die ihr wegen ihres Namens und der Herkunft ihrer Eltern entgegenschlügen.

Dunja Hayali (re.) ist immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.
Dunja Hayali (re.) ist immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.  © DPA

Das gehe nicht spurlos an ihr vorbei, berichtet die 44-Jährige in "Haymatland", einer Streitschrift, die am Freitag erscheint. "Man verändert sich innerlich, wenn man ständig als Höhlenbewohnerin oder Schlimmeres bezeichnet wird. Es macht was mit einem, wenn man aufgefordert wird, sich bitte von Muslimen im Irak vergewaltigen zu lassen, damit man endlich mal weiß, was Deutschland für ein tolles Land sei." Trotzdem habe sie entschieden, öffentlich für ihr "Haymatland" zu kämpfen.

Hayali berichtet in dem sehr persönlichen Buch von ihren Eltern, die in Deutschland glücklicherweise nie den gleichen Hass erlebt hätten, der ihr nun entgegenschlage. Sie selbst habe in der Vergangenheit nie das Gefühl gehabt, nicht deutsch zu sein. "Heute frage ich mich: In welchem Deutschland möchte ich und wollen wir eigentlich leben?" Heimat sei in Deutschland inzwischen negativ besetzt und eher ein Kampfbegriff geworden, statt einer Einladung oder eines 'Willkommen'.

Hayali wirbt dafür, dass Menschen mehr als eine Heimat haben können. "Und könnte der Duden nicht endlich mal den Plural 'Heimaten' aufnehmen?", fragt sie provokant. Für sie seien das genauso die Felder in Datteln im Ruhrgebiet, der Dom in ihrem Studienort Köln, ihr Wohnort Berlin und die Gerüche im Basar, die sie an ihre Kindheit erinnerten, obwohl sie selbst nie im Irak lebte.

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Es sei zwar schwierig, die fremdenfeindlichen Anfeindungen zu ertragen. "Dieser Hass ist auch deswegen so unerträglich, weil es Gehirnzellen abtötet, sich all dieses wirre Zeug durchzulesen", schreibt Hayali. Doch sie wolle erklären, verhandeln, diskutieren, zuhören und versuchen zu verstehen, statt als Opfer dazustehen.

In Chemnitz wird Hayali böse beschimpft

In Chemnitz versuchte Hayali im September den Dialog und wurde übel beleidigt.
In Chemnitz versuchte Hayali im September den Dialog und wurde übel beleidigt.  © DPA

Am 1. September versuchte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali (44) in Chemnitz mit den Menschen vor Ort zu reden. Die Wut, die Trauer, die Angst und Empörung zu verstehen, die die Bewohner dieser Stadt zum Protest bewegen. Doch dies tat sie nicht aus sicherer Entfernung, sie ging dahin, wo es besonders wehtut.

Für Journalisten ist die sächsische Stadt in den letzten Tagen ein gefährliches Pflaster. Vermehrt häufen sich Meldungen von angegriffenen Kamerateams und Reportern (TAG24 berichtete). Die Bandbreite reicht dabei von wüsten Beschimpfungen bis hin zur Körperverletzung.

Doch trotz alledem setzte sich Hayali dieser Gefahr aus, selbst ein Opfer des aufgebrachten Mobs zu werden. Journalist Raphael Thelen schilderte dieses Aufeinandertreffen von Demonstranten und der Moderatorin auf Twitter.

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Umringt von Männern wurde die 44-Jährige angefeindet, als "Fotze" und "nicht deutsch" betitelt, schreibt Thelen und lobt den Einsatz von Hayali. "Sie lächelte, hörte zu, erklärte sich, stellte Fragen. Den ganzen Tag. Chapeau".

Der spontane Versuch mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu treten, blieb erfolglos. "Hab wieder mal viel gelernt, gehört, versucht zu reden, zu erklären, nachzufragen. Bin aber auch etwas angefaßt, nach all dem Hass, der Wut, den Beschimpfungen, Unterstellungen, der Häme und einiges mehr", schreibt Hayali einen Tag später auf Twitter.

Und legt resigniert in einer zweiten Nachricht nach: "Hört man zu, heißt es, man hätte nichts entgegen zu setzen. Stellt man fragen, heißt es, man hört nicht zu. Erklärt man, heißt es, man würde die Bürger erziehen wollen. Redet man mit Bürgern, ist es falsch. Redet man nicht mit ihnen, ist es auch falsch. Was wollen 'sie' eigentlich?".

Für die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes war es ein ereignisreicher Samstag in Chemnitz. Statt Bürgerdialog gab es für Hayali geballte Wut und Hass mitten ins Gesicht. Schonungslos und direkt. Das Resümee: "Verbale Prügel sind nicht ohne. Traurig alles."

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