Endlich wieder Ost-Brötchen! Semmel schmeckt wieder nach Kindheit

Dresden - Früher war alles besser? Zumindest bei den Ostbrötchen schwören viele der älteren Kenner darauf, dass der Geruch und Geschmack von einst heute nicht mehr erreicht wird.

Bei gleichem Gewicht hatte die Ostsemmel ein kleineres Volumen.
Bei gleichem Gewicht hatte die Ostsemmel ein kleineres Volumen.  © 123RF

Ein Bäckermeister nähert sich jetzt mit wissenschaftlichen Methoden dem Mysterium. Und er entdeckte bereits viele Geheimnisse, was die damalige Semmel so besonders machte. Demnächst gibt es sie auch wieder in seinen Läden.

"Das Ostbrötchen als solches", schränkt Jens Hennig (56) ein, "hat es nie gegeben. Jeder Meister hatte seine eigenen Verfahren." Dennoch macht sich Hennig auf die Jagd nach dem "Brötchengeschmack meiner Kindheit". So heißt seine Projektarbeit für die Ausbildung zum Brotsommelier - da ist er der Fünfte in Sachsen.

Bei seinen Forschungen hat Hennig eine Art Reinheitsgebot für die Ostsemmel aufgestellt: "Mehl, Wasser, Salz, Hefe und Malz - mehr gehört nicht rein."

Und er hat festgestellt, dass sich einige Zutaten und Reifungsprozesse erheblich unterscheiden.

Nur einige Beispiele:

Für seine Ausbildung zum Brotsommelier widmet sich Jens Hennig dem Geschmack des Ostbrötchens.
Für seine Ausbildung zum Brotsommelier widmet sich Jens Hennig dem Geschmack des Ostbrötchens.  © DPA
  • Früher reifte das Mehl etwa 14 Tage, heute wird das mit Malz und Ascorbinsäure beschleunigt.
  • Wegen der qualitativ schlechteren Hefe setzte der Meister abends ein Stück zur Vermehrung an. Der Teig lag bis 15 Stunden, bevor er in den Ofen kam.
  • Enzyme, Emulgatoren oder Gärhemmer vereinfachen heute die Herstellung, ändern aber auch Geschmack und Konsistenz.

Bei seinen Testreihen, bei denen Jens Hennig das Mehl der Dresdner Stollenbäcker einsetzt, näherte er sich dem gewünschten Ergebnis an: "Mittlerweile bilden Geruch, Geschmack und Aussehen eine ordentliche Einheit."

In Leipzig und Zeitz stellte sich Hennig mit seinen Brötchen in Einkaufszentren und ließ alte Ossis testen - "Kost the Ost" war ein Erfolg. In der kommenden Woche erhalten die Stammkunden in den 75 Filialen im Leipziger Raum noch eine Semmel samt Fragebogen geschenkt - ist es das Brötchen der Kindheit?

Jens Hennig, der aus einer über 100-jährigen Bäcker-Dynastie stammt: "Es ist schon erheblich mehr Aufwand als bei den Brötchen von heutzutage." Trotzdem will er das Ostbrötchen ab übernächste Woche zum Preis des bisherigen Doppelbrötchen verkaufen - 55 Cent. Und es heißt dann auf gut Sächsisch "Meestersemmel".

Die Azubis in der DDR formten die Brötchen noch in Handarbeit.
Die Azubis in der DDR formten die Brötchen noch in Handarbeit.  © Archiv