Weil Grünanlagen wichtiger sind: Stadt nimmt Obdachlosen alles weg

Hamburg - Schlafen unter einer Brücke verstößt gegen die "Grünanlagenverordnung". Deshalb hat das Bezirksamt Hamburg Nord eine Platte am Rübenkamp geräumt. Jetzt stehen alle Obdachlosen ohne Bleibe da - schlimmer: Auch ihr Hab und Gut ließ der Bezirk entsorgen.
Das berichtet Hinz&Kunzt. "Wir haben gar nichts mehr anzuziehen, nur noch das, was wir gerade anhaben“, sagt ein betroffener Obdachloser sichtbar erregt. Jacken, Hosen, Mützen, Unterwäsche – alles ist plötzlich weg!
Bis Mitte Oktober schliefen ca. 10 Obdachlose unter einer S-Bahn-Brücke an der Ecke Hebrandstraße/Sengelmannstraße. Doch vergangene Woche rückten Mitarbeiter des Bezirks Nord unter Polizeibeobachtung an, und räumten die "Platte".
Das Wenige, was den Männern blieb, entsorgte die Stadtreinigung ohne Rücksicht. Inzwischen sind die Obdachlosen dort weg. Ihr neuer Schlafplatz nur ein paar Fußschritte entfernt ist ebenso unter einer S-Bahn-Brücke - einer anderen.
„Da wohnt weit und breit niemand, und die Platte ist von der Straße auch gar nicht einsehbar.“

"Es geht uns sehr schlecht. Wir wissen überhaupt nicht, wo wir jetzt hin sollen“, sagt einer der Gruppe. Da wohne weit und breit niemand. Andrei Schwartz. ist Filmemacher. Er hält Kontakt zu der Gruppe, seit er sie bei einer Recherche kennengelernt hat.
Es hätte Beschwerden über die Obdachlosen gegeben, sagt Bezirksamtssprecher Jan Uentz-Kahn.
Die Gruppe sei schon im August und im September aufgefordert worden, den Ort zu räumen. "Es ist ausreichend Zeit zugestanden worden, die Fläche zu räumen und das Hab und Gut zu sichern“, so Uentz-Kahn. Das Lagern unter der Brücke verstoße gegen geltendes Recht.
Der Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen hat demnach Vorrang. Zurück auf ihre alte Platte können die Obdachlosen nunmehr nicht wieder. Denn wo sie bis vor Kurzem geschlafen haben, steht jetzt ein Bauzaun. Auf der anderen Straßenseite wird gebaut. Zwar habe der Bezirk die Versetzung des Bauzaunes nicht selbst angeordnet, aber darauf hingewirkt: "Es gab vor Ort ein Gespräch mit dem Verantwortlichen der Baustelle, der den Zaun dann versetzt hat."
Ähnliche Fälle sind auch in Berlin Tiergarten derzeit zu beobachten (TAG24 berichtete). Auch hier wurden zahllose Obdachlose aus den Anlagen vertrieben.
Fotos: undefined, DPA