Blutiger Wahnsinn im Weltraum: Knackis sorgen im All für Vergewaltigungs-Chaos!

Sie befinden sich jenseits unseres Sonnensystems auf Raumschiff Nummer sieben, haben keine Kontrolle über die Steuerung und sind komplett auf sich alleine gestellt.
Doch warum ist das so? Nach und nach wird klar, dass die Besetzung einst größer war. Einige schreckliche Vorfälle hatten aber zur Folge, dass unter anderem Willows Mutter Boyse (Mia Goth) nicht mehr da ist.
Wenig verwunderlich, waren doch ausschließlich zum Tode verurteilte Kriminelle auf diesem Schiff über Jahre hinweg gemeinsam eingepfercht, nachdem sie das Angebot der Regierung angenommen hatten, auf eine experimentelle Mission zu gehen und im All überlebenswichtige Energieressourcen zu finden.
Dr. Dibs (Juliette Binoche), Chandra (Lars Eidinger), Tcherny (André Benjamin) und einige andere hatten einiges auf dem Kerbholz. Ebenso wie Monte, der lange Jahre wegen Mordes im Gefängnis saß. Kann er für sich und seine Tochter einen Ausweg aus dem Weltall-Gefängnis finden?
Schonungslose und interessante Zukunftsvision

Diese vielschichtige Geschichte um Einsamkeit und Sexualität hat Denis in ihrer ersten englischsprachigen Produktion stark umgesetzt.
Ihr Film entfaltet aufgrund seiner Eigenwilligkeit von Beginn an eine hypnotische Sogwirkung, weshalb man dem Geschehen auf der Leinwand gebannt folgt.
Klug werden in "High Life" viele universelle Fragen gestellt und beantwortet. Dennoch bleibt für die Zuschauer immer genug Interpretationsspielraum übrig.
Um diesen mit eigenen Gedanken ausfüllen zu können, muss man sich auf diesen Film allerdings komplett einlassen, um seinen Spaß zu haben. Denn "High Life" ist vieles, ein angenehm zu guckender Streifen aber definitiv nicht.
So werden brutale Morde und Vergewaltigungen ebenso gezeigt wie explizite Masturbationsszenen.
Deshalb ist Denis' Werk nur etwas für ein hartgesottenes Publikum und Cineasten mit großem emotionalen Sitzfleisch.
Denn der 110 Minuten lange Streifen springt zusätzlich zwischen mehreren Zeitebenen hin und her, weshalb man ihm konzentriert folgen muss, um die vielen wichtigen Details zum einen mitzubekommen und zum anderen einordnen zu können.
"Müll" und "Abschaum" der Menschheit im All

Außerdem ist dem Projekt eine gewisse Geisteskrankheit nicht abzusprechen. Das liegt vor allem an den Figuren selbst, die während des Films als "Müll" und "Abschaum" der Menschheit bezeichnet werden. So verhalten sich einige von ihnen auch.
Hier sind aber leider ein paar Logikschwächen bei "High Life" auszumachen. So werden viele Themen zwar angerissen, aber nicht wirklich ausgeführt, was besonders schade ist, weil erkennbar Potenzial verschenkt wird - und zwar ganz bewusst.
Denn Denis sagt im Presseheft, dass sie sich ganz bewusst für Charaktere ohne großen Hintergrund entschieden, weil "zu viel Wissen sehr langweilig" sei.
Ein bisschen mehr hätte allerdings nicht geschadet. Zwar ist das Hier und Jetzt für "High Life" entscheidend, ein wenig mehr Charaktertiefe hätte dem Film aber gut getan.
Daher bleibt der Wunsch nach Antworten an einigen Stellen offen. So hätte man auch die Dinge, die zu der Entscheidung geführt haben, Kriminelle ins All zu schießen, gerne etwas näher beleuchtet gesehen.
Rauschhafte Bilder voller Poesie

Zumal dieses bewusste Vermeiden von Hintergründigkeit im krassen Kontrast zu der sonstigen Detailverliebtheit der Macher steht, die erkennbar viel Aufwand und Liebe in dieses Werk gesteckt haben, was sich an den meisten Stellen auch auf das Publikum überträgt.
Besonders in einer Kategorie ist "High Life" absolute Weltklasse: In Sachen Bilder begeistert er. Selten haben die poetischen, künstlerisch hochwertigen Aufnahmen so mitgerissen und begeistert, wie hier.
Die vielen Stilbrüche sorgen in Verbindung mit der dynamischen Kameraführung und den Locations außerdem für dauerhafte visuelle Abwechslung.
Das ist noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass der Film in Studios in Köln, Berlin und dem polnischen Bialystok gedreht wurde. Das benötigte Geld war übrigens erst nach sieben Jahren dank einer Koproduktion von Deutschland, Frankreich, Polen und den USA zusammengekommen.
Auch die Besetzung änderte sich in dieser Zeit. Nicht der mittlerweile verstorbene Philip Seymour Hoffman und Patricia Arquette spielen die Hauptrollen, sondern Pattinson ("Twillight") und Binoche ("Ghost in the Shell"), die beide brillieren.
Gänsehaut-Atmosphäre beim Abspannsong

Pattinson spielt den stoischen Vater auf differenzierte Art und Weise und weiß dabei zu glänzen.
Das gilt auch für Binoche, die als durchtriebene Ärztin alles versucht, um ein lebendiges Baby im All zur Welt bringen zu lassen und sich dabei in ein emotionales Gefühlschaos stürzt, welches sie facettenreich darstellt.
Dazu überzeugen auch der deutsche Charakterdarsteller Eidinger ("25 km/h") und Goth ("A Cure For Wellness"). Ihnen allen gelingt es, ihren unterschiedlich angelegten Protagonisten Leben einzuhauchen.
Obwohl das Erzähltempo nicht einheitlich ist (vielleicht auch genau deshalb?), gibt es keine Längen, weshalb auch der Schnitt eine Stärke ist. Das gilt auch für die Musikuntermalung und ganz besonders für den gefühlvollen Abspannsong "Willow", den Pattinson übrigens selbst gesungen hat.
"High Life" ist ein spannender Science-Fiction-Film mit einem ganz eigenen Stil, der dank seiner poetischen Bilder, seinen visuellen Stilbrüchen und den stark auftrumpfenden Schauspielern zu begeistern weiß. Die ein oder andere Schwäche im Erzähltempo und Drehbuch ist allerdings auszumachen, was aber nur am Rande stört, weil der surreale, rauschhafte Trip ins Weltall eine starke Geschichte über Einsamkeit und Sexualität zu erzählen hat.
