Fahrlässige Tötung? Mädchen (12) stürzt in Kletterpark und stirbt

Gießen/Schotten - Dreieinhalb Jahre nach dem tödlichen Sturz eines Mädchens von einem Sprungturm beginnt am Dienstag (9 Uhr) vor dem Landgericht Gießen der Prozess gegen die Betreiber der Anlage.

Die Zwölfjährige war nach dem Sprung von der Umrandung des Sprungkissens abgeprallt und auf einem Felsen aufgeschlagen (Symbolbild).
Die Zwölfjährige war nach dem Sprung von der Umrandung des Sprungkissens abgeprallt und auf einem Felsen aufgeschlagen (Symbolbild).  © DPA

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung vor. Unzureichende Sicherheitsvorrichtungen sollen im August 2015 in einem Kletterpark in Schotten (Vogelsbergkreis) zu dem Unfall geführt haben.

Das zwölf Jahre alte Mädchen war der Anklage zufolge bei einem unkontrollierten Sprung von dem Turm von der Umrandung des Sprungkissens abgeprallt und mit dem Kopf auf einen Felsen aufgeschlagen.

Bei dem Sturz verletzte sich die Zwölfjährige so schwer, dass sie nach einem Monat im Koma starb.

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Update 14.50 Uhr: "Für uns war es unvorstellbar, dass jemand außerhalb des Sprungkissens landen könnte", sagt einer der beiden 42 und 44 Jahre alten Angeklagten vor Gericht. Sonst hätte man die Sprung-Veranstaltung nie angeboten. Sie war als Attraktion für die Sommerferien gedacht. Es sei unglaublich, dass "so ein schreckliches Unglück" passiert sei. "Wir würden alles tun, um es rückgängig zu machen. Das ist leider nicht möglich."

Von einem "Freefall Tower" aus können Wagemutige in ein mit Luft gepolstertes Kissen springen. Der Turm in Schotten bot laut Anklage eine Sprunghöhe von sieben Metern. Vor ihrem fatalen Sturz übte demnach die Zwölfjährige den Absprung aus drei Metern Höhe. Dann ging es ganz hinauf.

Oben sei sie in Panik geraten und habe sich im letzten Moment vor dem Absprung an einer Absperrung festgehalten. Dadurch, so die Anklage, geriet das Kind in eine seitliche Drehung und verfehlte die anvisierte Mitte des Sprungkissen.

Das Mädchen starb nachdem sie einen Monat im Koma lag (Symbolbild).
Das Mädchen starb nachdem sie einen Monat im Koma lag (Symbolbild).  © 123RF

Die Staatsanwaltschaft wirft den Betreibern des Kletterparkes vor, dass der Sprungturm wegen des steinigen und felsigen Untergrunds an einer ungeeigneten Stelle aufgebaut worden sei. Das Sprungkissen soll zudem falsch unter dem Turm positioniert worden sein.

"Wir stellen uns auf den Standpunkt, dass an einem solchen Ort eine solche Einrichtung nicht hätte errichtet werden dürfen", erläutert Anklagevertreter Rouven Spieler die Vorwürfe, die nicht auf eine vorsätzliche Tat lauten, sondern auf fahrlässige Tötung.

Die Angeklagten erklärten, sie hätten auf die Erfahrung und die Kenntnisse des "Profi-Teams" der Firma vertraut, die für den Aufbau des Sprungkissens zuständig gewesen sei. Die Steine seien von allen Beteiligten nicht als Problem wahrgenommen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird auch gegen den Inhaber der Firma sowie gegen den Bauleiter ermittelt.

Für die Familie und Freunde der Zwölfjährigen ist das Geschehen noch immer unfassbar. Unter Tränen berichtet die Mutter von dem Schicksalstag. Sie könne sich kaum noch an den Moment des Sturzes erinnern. Doch sie habe die Hoffnung gehabt, dass nichts passiert sei und Sina zu ihr zurückkommen werde. Auch der Vater verfolgt den Prozess: Er nimmt an dem Verfahren als Nebenkläger teil.

"Es war ein wunderschöner Sommertag", berichtet eine weitere Zeugin dem Gericht, die Mutter der besten Freundin der Verunglückten. Der Besuch des Kletterparkes sei ein Geburtstagsgeschenk von ihnen gewesen. Die Mädchen und ihre Mütter fuhren gemeinsam dorthin.

Die Kinder hätten begeistert geklettert und dann unbedingt von dem Turm springen wollen. Die 47-Jährige sollte davon mit dem Handy ein Video drehen. "Sie waren ganz euphorisch." Also lief die Kamera, als die Zwölfjährige zum Sprung ansetzte, zum Geländer griff und abstürzte. "Halt dich fest!", habe sie noch gedacht, so die Zeugin.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird es in dem Prozess auch um die Qualität eines TÜV-Gutachtens für den Sprungturm gehen. Zudem müsse geklärt werden, ob für die Anlage eine behördliche Genehmigung nötig gewesen wäre.

Das Gericht wird voraussichtlich im März das Urteil sprechen. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Titelfoto: DPA

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