Sex, Drogen, Party: So ist der Berlusconi-Bunga-Bunga-Kinofilm "Loro - Die Verführten"

Berlin - Bunga-Bunga-Partys ohne Ende! Der italienische Kinofilm "Loro - Die Verführten" stellt im Biopic über Italiens ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi (82) künstlerisch frei erzählt dessen komplexe Persönlichkeit in den Fokus.

Sergio Morra (Riccardo Scamarcio) veranstaltet wilde Partys, um die Aufmerksamkeit von Silvio Berlusconi (Toni Servillo) zu erregen.
Sergio Morra (Riccardo Scamarcio) veranstaltet wilde Partys, um die Aufmerksamkeit von Silvio Berlusconi (Toni Servillo) zu erregen.  © PR/Gianni-Fiorito DCM
Seinen ersten Auftritt hat Berlusconi (Toni Servillo) allerdings erst nach knapp 45 Minuten.

Zuvor steht der ambitionierte Sergio Morra (Riccardo Scamarcio) im Mittelpunkt des Filmes. Er will Berlusconi kennenlernen, um Macht und Einfluss zu gewinnen.

Er selbst bezeichnet sich als Talentscout. Mit der Hilfe seiner Frau Tamara (Euridice Axen) und der verführerischen Kira (Kasia Smutniak) heuert er Models an und mietet sich auf Sardinien in der Villa ein, die direkt oberhalb von Berlusconis liegt.

Dort wird Party ohne Ende gemacht. Es wird hemmungslos gevögelt, gekokst, geschwommen und getanzt. Dazu fließt der Alkohol in Strömen.

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Berlusconi, der Probleme mit seiner abweisenden Frau Veronica Lario (Elena Sofia Ricci) hat, wird deshalb bald auf die tagelang andauernde Party aufmerksam - und lädt alle zu sich auf sein extravagantes, riesengroßes Grundstück ein...

Diese frei erfundene Interpretation von Berlusconi ist schlichtweg ein Meisterwerk. Bei Paolo Sorrentino (The Young Pope, Ewige Jugend, Cheyenne – This Must Be the Place) kein Wunder, gilt er doch als einer der besten Regisseure Europas.

Beherrscht Manipluation auf höchstem Niveau: Die schöne Kira (Kasia Smutniak).
Beherrscht Manipluation auf höchstem Niveau: Die schöne Kira (Kasia Smutniak).  © PR/Gianni-Fiorito DCM

2014 gewann er für "La Grande Bellezza – Die große Schönheit" den "Oscar" für den besten fremdsprachigen Film.

Für seine neuste Genialität hat er sich wie damals mit Italiens Ausnahme-Schauspieler Toni Servillo (Il Divo, Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra, Ein ruhiges Leben – Die Mafia vergisst nicht) zusammengetan, der ein besonderes Händchen dafür hat, mächtige Personen zu verkörpern.

So einen weltbewegenden Auftritt wie in "Loro" hat er allerdings noch nie hingelegt. Er verschmilzt auf der Leinwand mit seiner Figur Berlusconi und stellt diese mit all seinen Stärken, Schwächen, Facetten und Details in absolut überragender Manier dar!

Selten hat ein Schauspieler so sehr mitgerissen, gefesselt und begeistert, wie der 59-jährige Italiener! Mit seiner Präsenz, seinem perfekten Timing, seinen Gesten und seiner Stimmlage hat er Berlusconi so gut eingefangen, dass die Zuschauer mitunter vergessen, dass sie gerade nicht dem echten Menschen zusehen - und das ist die größte Anerkennung, die man einem Schauspieler machen kann!

Auch die anderen Darsteller zeigten inspirierte Performances. Hinzukommt eine überragende Kameraführung, die mit ihren ruhigen Aufnahmen sowohl die Zuschauer hervorragend einfängt, als auch die traumhaft-schönen Locations. Dazu begeistern die maßgeschneiderten Kostüme, das "Oscar"-würdige Make-up und die aufwendigen Frisuren.

Silvio Berlusconi (r., Toni Servillo) singt für seine geladenen Gäste.
Silvio Berlusconi (r., Toni Servillo) singt für seine geladenen Gäste.  © PR/Gianni-Fiorito DCM

Ohnehin erkennt man anhand dieser Mittel den Stil von Sorrentino von Beginn an wieder.

Auch bei den exzellent in Szene gesetzten Partys, die mit einem hypnotischen Score unterlegt wurden, ist die ausschweifende, farbenprächtige Bildsprache zu erkennen.

Besonders beeindruckend sind die Gesangsszenen von Berlusconi, die Servillo auf ein neues Level hebt.

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Der eigenwillige Schnitt wird dabei nicht jedermanns Sache sein, funktioniert aber und erzeugt eine gute Eigendynamik.

Allerdings wäre es schöner gewesen, wenn man auch in Deutschland die Langfassung zu sehen bekommen hätte, wie in Italien.

Dort war "Loro" ein Zweiteiler mit einer Gesamtlänge von 204 Minuten. Für den internationalen Markt schnitt Sorrentino einen um 60 Minuten kürzeren "Director's Cut", was auch nicht jedem gefallen dürfte.

Doch dank des überragenden Drehbuchs mit den fantastischen Dialogszenen, in denen die Essenz des "Menschenfängers" Berlusconi herausgearbeitet wird, fasziniert auch die gekürzte Version. Auch, weil alle Themen zur Sprache kommen, mit denen man ihn verbindet.

Silvio Berlusconi (Toni Servillo) ist auf der Suche nach einer Beschäftigung.
Silvio Berlusconi (Toni Servillo) ist auf der Suche nach einer Beschäftigung.  © PR/Gianni-Fiorito DCM

So erhalten auch Fußball und ein meisterliches Telefongespräch mit einer zufällig aus dem Telefonbuch ausgewählten Frau, die er von einem Hauskauf überzeugen will, Einzug in den Film.

In all diesen Szenen steckt viel Subtext, weshalb man "Loro" als Inbegriff eines anspruchsvollen, intelligenten Films sehen kann, der an seiner Oberfläche allerdings leicht verständlich ist.

Dass der Film durchaus sexistisch ist, liegt einfach daran, dass hier Berlusconis und Morras Weltsicht dargestellt wird - und diese ist sexistisch. Dennoch gelingt Sorrentino der schwere Spagat, die Frauen nicht nur als schöne Fassade zu inszenieren, sondern ihnen dieselben manipulativen Fähigkeiten zuzugestehen, wie Berlusconi selbst.

"Loro - Die Verführten" ist ein kraftvoller Film, der in all seinen Details wohl erst nach mehrmaligem Anschauen zu verstehen ist. Obwohl in Deutschland eine gekürzte Fassung in die Kinos kommt, lohnt sich ein Besuch, weil der Film schauspielerisch begeistert, der Schnitt eine hypnotische Sogwirkung erzielt und die Bildsprache herausragend ist.

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