
Geheime Akten enthüllt! So brutal wurde in Dresden gefoltert
Von Hermann Tydecks

Dresden - Dresden im späten Mittelalter: Vor 500 Jahren steckte man Verbrecher lebendig in einen Sack, gab Hund und Hahn mit hinein, warf das „Paket“ in die Elbe.
Das enthüllen jahrhundertealte Dokumente historischer Straffälle. Die Stadt hat sie ausgewertet und macht sie jetzt erstmals öffentlich (Kommentar zu diesem Artikel).
Im Jahr 1548 lebten 6500 Dresdner innerhalb der Stadtmauern - so wie auch Hans Schumann. Da ihm seine Mutter die Mühle nicht überlassen wollte, stieß er sie ins Wasser, wo sie vom Mühlenrad erschlagen wurde und ertrank. Die Tat flog auf, der Prozess fand vorm Stadtgericht im Alten Rathaus statt, das bis 1707 am Altmarkt stand.
Richter und Schöffen entschieden: Hans Schumann sollte „gesäckt“ werden - eine der damals gängigen Todesstrafen. Wie das ablief, tintete ein Gerichtsschreiber auf Papier. Sinngemäß heißt es: „Er wird mit Schlingen und Bändern gefesselt und auf die vier Ecken des Altmarktes geführt. Dort wird hinten und vorn am Körper des Verurteilten mit Zangen Fleisch vom Körper gerissen. Danach wird er raus auf die Brücke geführt, in den ledernen Sack gesteckt. Hund, Katze, Hahn und Schlange zu ihm hineingetan und ein Stein. Danach der Sack zugebunden, oben mit Pech verklebt und in die Elbe geworfen ...“

Weniger grausam starb zum Beispiel Peter Hillebrand, der seine Frau erschlagen hatte, da sie fremd ging.
1538 wurde er vor den Toren Dresdens mit dem Schwert enthauptet. „Das war die ehrenvollste Todesstrafe“, sagt Mandy Ettelt (35).
Die Sprachwissenschaftlerin transkribierte 349 historische Blätter im Stadtarchiv aus dem Neuhochdeutschen, fasste sie in Buchform.
Darunter der ungewöhnliche Fall des Mattis Topfer. „Eigentlich war Hängen die übliche Todesstrafe für Diebe, die als ehrloseste Verbrecher galten“, sagt Ettelt. „Da er aber sehr viele Sachen wie Röcke und Messer stahl, wurde er verbrannt, was viel qualvoller war.“
Es gab aber auch mildere Strafen. Wer Gott lästerte, wurde auf dem Altmarkt am Pranger festgekettet, musste öffentlich Strafe stehen, wurde ausgelacht, bespuckt, mit Steinen beworfen. Die Tortur konnte zwei Tage dauern.
Wer überlebte, wurde meist aus der Stadt verwiesen. Noch heute erinnert ein steinernes Relief am Altmarkt an Dresdens düstere Vergangenheit.

Das Kriminalbuch von 1517 bis 1562
Ein Jahr lang arbeitete Mandy Ettelt an den historischen Quellen im Stadtarchiv.
„Das Ergebnis ist eine einzigartige Sammlung von rund 500 Kriminalfällen aus den Jahren 1517 bis 1562“, sagt Stadtarchiv-Amtsleiter Thomas Kübler (51) stolz.
Mit dem am Montag erscheinenden Buch „Kriminalregister der Stadt Dresden“ (449 Seiten, 55 Euro) führt die Stadt ihre Edition der ältesten Stadtbücher Dresdens weiter.
„Keine andere deutsche Stadt arbeitet die Wurzeln ihrer Geschichte so auf, wie Dresden“, sagt Kübler.
Zur Buchpräsentation mit Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (39, Die Linke) lädt er alle Interessierten ein:
Los geht’s am Montag im Stadtarchiv (Elisabeth-Boer-Straße 1) um 19 Uhr, Eintritt frei.
Fotos: Eric Münch